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Samstag, 19. Januar 2019

Die Neuro-Logischen Ebenen und die Wichtigkeit unserer Wortwahl


Als ich Heilpädagogik studierte sagte man uns, dass Körpersprache und eine „offene Körperhaltung“ wichtig wäre in der Arbeit mit Klienten. Sie gingen nicht weiter darauf ein. Also musste ich selbst darüber lernen (vor allem lesen). Ich stieß auf Neuro-Linguistisches Programmieren (NLP). Ich werde nicht weiter auf Details eingehen, was das genau ist. Was sie unter anderem machten und noch immer machen, ist diejenigen unter die Lupe zu nehmen, die etwas gut können und heraus zu finden, wie sie es tun, um andere, die nicht so gut darin sind oder gar nichts darüber wissen, diese Aktivität beizubringen. Eine der Leute, die besonders interessiert an der Erforschung war, wie Leute Dinge tun, ist Robert Dilts. Das Zitat, mit dem ich meinen vorigen Eintrag anfing, war aus dem Buch „Dynamic Learning“ von Robert Dilts und Todd Epstein und ist eine Verschriftlichung eines Seminars über Lernen und Lehren.

Eine der Dinge, die Robert Dilts entwickelte (das ist auch in „Dynamic Learning“ erwähnt und in anderen seiner Bücher) sind die „Neuro-Logischen Ebenen“ (Neuro-Logical Levels), manchmal auch nur „Logische Ebenen“ genannt oder „Ebenen des Lernens“.

a) Identität – Wer?
b) Glaubenssätze und Werte – Warum?
c) Fähigkeiten – Wie?
d) Verhalten – Was?
e) Umgebung – Wo und Wann?

Manchmal haben diese Ebenen noch eine weitere Ebene vor „Identätit“, nämlich „Spiritualität/Mission“, die nach „Wer noch?“ fragt. Für die Zwecke dieses Eintrags reichen allerdings die 5 oben genannten Ebenen. All diese Ebenen beeinflussen Lernen und beeinflussen sich gegenseitig. Veränderungen in den unteren Ebenen eher wenig Einfluss haben auf die oberen Ebenen als Veränderungen der oberen Ebenen die unteren Ebenen beeinflussen.

Beispielsweise ist es in der Tat schwieriger gegen Mittag zu lernen, wenn man gerade gegessen hat und der Körper mehr beschäftigt ist mit Verdauung und dem Bauch als Kopffreiheit und Lernen. Ich erinnere mich noch an einen Lehrer an der Fachhochschule, der unglücklicherweise uns recht Theorie beladene Themen in einem Seminar mittags lehrte. Einmal als er merkte, dass wir alle einfach zu müde waren, um wirklich aufzupassen, war er freundlich genug, die Stunde vorzeitig zu beenden. Das weiß ich sehr zu schätzen. Oder wenn es sehr heiß ist im Sommer und bereits alle Fenster auf sind, damit Luft rein kommt, aber kein Wind draußen weht, könnte es schwer sein, sich zu konzentrieren.

Zum Thema Konzentration: Worauf Schulen sich normalerweise konzentrieren, ist die Leistung der Schüler. Das wäre die Verhaltensebene und wie gut sie es tun, die Fähigkeiten bewerten.

Die Dinge können sehr durcheinander geraten mit schlimmen Folgen, wenn beispielsweise ein Kind nicht gut schreibt. Wir sind schnell dabei zu sagen, „Das Kind ist legasthenisch“. Legasthenie ist der Begriff für wenn jemand Probleme beim Lesen und/oder Schreiben hat. Aber schaut noch einmal auf die Ebenen oben. Wenn wir sagen, dass jemand „legasthenisch ist“, dann ist das das Identitätsebene. Es ist die Spitze der Ebenen. Es beeinflusst alle anderen Ebenen. Und es ist falsch. Wenn sie schlecht sind, weil sie schlecht schreiben können, dann ist das eine Fähigkeitenebene, nicht Identitätsebene. Traurigerweise identifizieren sich Menschen schnell mit ihren Symptomen und was einmal eine relativ niedrige Ebene von „schlecht schreiben“ war, kann schnell zu „ein legasthenisches Kind“ werden oder „ein Kind mit Lernproblemen“. Ratet mal, welche dieser Probleme einfacher zu ändern ist?

Randbemerkung: Es muss etwa in der achten Klasse gewesen sein, als die Lehrer uns über Pubertät, Sex und all diese Dinge aufklärten. Ich erinnere mich, dass wir ein kleines Buch im Religionsunterricht bekamen, das ich letztlich in der Schulbücherei abgab. Ich weiß nicht mal mehr, ob ich an einem gewissen Punkt aufhörte es zu lesen, oder ob ich es komplett las und dann in der Schulbücherei abgab. Jedenfalls war da ein Absatz, wo erklärt wurde, dass Jugendliche manchmal mit den Eltern streiten und gemein und schlecht sind ihnen gegenüber. Der Leser müsste sich aber keine Sorgen machen: „Du kannst dich noch ändern.“ Diese Zeile machte mich wütend und das sagte ich auch der Bibliothekarin, der ich mein Exemplar vom Buch gab. Selbst damals dachte ich, dass ein Jugendlicher sein um Veränderungen geht und erwachsen und unabhängig werden. Für mich sind zumindest manche der Ausraster der Jugendlichen begründet in dem Prozess des Erwachsenwerdens und Hormone und nicht so sehr aus freien Stücken eine schlechte Person zu sein. Entsprechend einem Jugendlichen zu sagen, dass sie „sich noch ändern können“, schien eine dumme Sache zu schreiben, meiner Meinung nach. Hieß das, dass wenn sie nicht mochten, wer sie dann waren (mit den Ausrastern zum Beispiel), dass das nicht bedeutete, dass sie so blieben bis sie starben? Nun, natürlich nicht! Ich schätze, das Wort, dass mich am meisten verletzte, war das Wort „kannst“. Zugegeben, es gibt auch einige schlechte Erwachsene da draußen. Ich schätze, die Autoren des Buches würden behaupten, dass diese die Chance zur Änderung nicht genutzt haben. Allgemein ist für mich diese Änderung eine Tatsache meiner Meinung nach und das zu einem „Du kannst dich noch ändern“ zu machen, erschien wirklich dumm.

Also jedenfalls die Aussage, die ich in diesem Eintrag hier machen wollte ist, dass wir aufpassen sollten, besonders wenn wir negative Rückmeldung an Kinder geben, auf welcher Ebene wir diese Kommentare machen. Es wird eine Wirkung haben. Einige mehr als andere, in Abhängigkeit von den Ebenen.

Sonntag, 25. November 2018

M&M: In der Stunde des Luxes

Ein junger Mann taucht in einem verschneiten kleinen Ort auf und tötet, scheinbar grundlos und brutal ein älteres Ehepaar in einem Haus. Der Mann, mit Namen Drengen, wird gefasst und in den Hochsicherheitsbereich eines Gefängnisses gebracht. Dort wagt die junge Psychologin Lisbeth ein Experiment und gibt den Inhaftierten Haustiere. So auch Drengen, der eine rothaarige Katze erhält. Ein anderer Insasse wird jedoch neidisch wird während eines Freigangs im Hof, die Katze über die Mauer. Drengen, der überraschend eine starke Bindung zu dieser Katze aufgebaut hat, tötet daraufhin den anderen Insassen. Die Katze kann wieder gefunden werden. Doch Lisbet muss das Experiment abbrechen. Da es die letzte Nacht mit den Tieren ist, bekommt Drengen die Katze zum Abschied zurück. Doch dieser behauptet, es wäre gar nicht seine Katze. Er ist überzeugt, dass Gott durch die Katze zu ihm spricht und ihn zum Suizid drängen will. Lisbet weiß sich keinen anderen Rat und zieht die Pastorin Helen hinzu.

Drengen ist völlig verschlossen und es ist nichts Sinnvolles von ihm zu erfahren. Helen überredet daher einen Wärter, sich über Nacht mit Drengen in die Zelle schließen zu lassen. In der Nacht fängt Drengen an zu reden und die Dinge fangen an, mehr Sinn zu machen als er von seiner Vergangenheit zu erzählen beginnt. Was er erzählt, müsst ihr selber schauen. Der Originaltitel des dänisch-schwedischen Films lautet im Übrigen: I lossens time.

Wie schon oben zu erkennen ist, handelt es bei Drengen um einen jungen Mann, der vor brutaler Gewalt in keiner Weise zurück schreckt. Insofern ist es kein ganz einfacher Film. Abgesehen von den beiden Morden beeindruckt der Film jedoch durch ausgesprochene Ruhe und macht, durchaus auch nach dem Abspann noch, nachdenklich über Themen wie Schuld, Vergebung und Glaube.

Vorlage des Films war übrigens das Theaterstück In der Stunde des Luchses (Originaltitel: Lodjurets Timma) des schwedischen Schriftstellers Per Olov Enquist und ist als ein Stück für fünf Personen konzipiert, im April 1988 in Stockholm uraufgeführt worden. Die erste deutsche Aufführung fand 1992 in Ingolstadt statt. 1991 produzierten außerdem der Hessische Rundfunk zusammen mit dem Sachsen Radio eine Hörspielfassung des Theaterstücks.

Freitag, 2. November 2018

Das traurige Gesicht

Achtung: Der Eintrag enthält Watchmen-Spoiler!

Im Januar 2018 kamen eine langjährige, gute Internetfreundin (du weißt, wer du bist) und ich auf Masken in einem Onlinespiel zu sprechen und als Konsequenz daraus über Masken allgemeiner. Ich erzählte ihr von meiner Scream-Maske, die sogar im Dunkeln leuchtet. (Ich schulde der Freundin noch immer ein Bild von der leuchtenden Maske, damals leuchtete sie nicht so gut sichtbar auf Fotos, da sie meist im Dunkeln im Schrank liegt.) Ich zeigte ihr auch Masken, von denen ich Version 1 oder Version 2 möglicherweise kaufen würde. Sie kommen der beweglichen Rorschach-Maske noch am nähesten mit den Mitteln, die bisher möglich sind. Die Freundin schrieb mir dann, dass sie gerade Rorschachs Tod wieder gesehen hätte. „he looks like one of his masks inkblots on the snow“ (Er sieht aus wie einer seiner Masken-Tintenflecke auf dem Schnee).

Ich schrieb ihr unter dem Titel „Rorschachmaske-Tintenflecke“ folgenden Text (hier die Übersetzung, Originaltext auf Englisch im englischen Blog zu lesen):

Rorschachs Maske bewegt sich nicht nur, sondern diese Flecken sind auch verbunden mit seinen Emotionen.

Dieses hier ist eine der Karten, die der Psychiater ihm zeigt, nachdem er gefasst ist:



Das ist die Vision oder Erinnerung, die er bekommt, als er die Karte sieht, seine Mutter (eine Prostituierte) küsst einen Klienten. Der Junge sieht die beiden, hat Angst um seine Mutter, spricht sie an, dadurch geht der Klient ohne Bezahlung weg und die Mutter schlägt ihren Sohn:



Wir sehen nicht die ganzen Körper von ihnen, wie wir auf der Karte sehen, aber es sollte nah genug dran sein für eine Verbindung.

Rorschachs, klar falsche Antwort was er sieht: “Schöne Blumen.” (Some nice flowers.)

Das ist das letzte Bild, was auf der Maske zu sehen ist, bevor er sie abnimmt und kurz darauf stirbt:



Das ist, was übrig ist von ihm, nachdem er getötet wurde:



Wenn es etwas ist, dann ist es sein “trauriges” Gesicht. Es muss es einfach sein. Natürlich ist es ein trauriger Moment in seiner Kindheit, aber das Bild auf seinem Gesicht macht Sinn, nachdem wir die Erinnerung gesehen haben, zumindest für mich. Er sieht sie küssend und wird später geschlagen. Das ist traurig für einen Jungen. Und später weiß er, dass er getötet werden wird von Doctor Manhattan. Musste er wissen. Beide wussten es. Ein weiterer trauriger Moment in Rorschachs Leben. Die Überreste haben die einzige Form, die Sinn macht.

Es gibt andere Tintenflecke im Buch und im Film, die verbunden sind mit bestimmten Emotionen. Aber das traurige Gesicht ist das am meisten offensichtliche von ihnen allen und wird mehrfach wiederholt, wie man sehen kann. Es ist recht deutlich, wenn man einmal aufpasst. Die meisten Leute passen nicht auf.

Schau bei ebay nach "Rorschach T-Shirt", dort gibt es einige mit genau diesem Bild zum Verkauf.

Ich nahm zu dem Zeitpunkt vor allem auf den Film. Im Buch gibt es noch andere Situationen, in denen weitere ähnliche Schatten geworfen werden von unterschiedlichen Personen und die Knot Tops sprayen ihr Tag an Wände, was eine ganz ähnliche Gestalt aufweist und auf watchmen.fandom.com und whitneyblogs.weebly.com als „The Hiroshima Lovers“ (Die Hiroshima Liebenden) bezeichnet wird, in Anlehnung an eine Bemerkung des Psychiaters, der Rorschach begutachtet.

In Erinnerung an Walter Joseph Kovacs (21. März 1940 – 02. November 1985)

Montag, 30. Juli 2018

Nägel schneiden. Die rechte Hand oder die linke Hand zuerst?

Da ich gerade meine Fingernägel geschnitten habe, dachte ich, nicht zum ersten Mal, an eine Szene aus dem Film "Nymphomaniac 1".

Ein alter Mann begegnet einer jungen Frau und lässt sie bei sich wohnen. Er stellt sich als "Seligman" vor, was ihr ein seltsamer Name scheint. Er erklärt, dass das "der Glückliche" bedeutet. Sie selbst nennt sich Joe und fragt, ob er glücklich wäre.

Seligman: Ja, ich glaube schon. Auf meine Weise. Auch wenn ich zu den Menschen gehöre, die zuerst die Nägel der rechten Hand schneiden.
Joe: Und was bedeutet das?
Seligman: Na, ich teile die Menschen in 2 Gruppen auf: Die Menschen, die zuerst die Nägel der linken Hand schneiden und die Menschen, die zuerst die Nägel der rechten Hand schneiden. Meine Theorie ist es, dass die Menschen, die die die Nägel der linken Hand zuerst schneiden unbeschwerter sind. Sie scheinen sich mehr am Leben zu freuen, weil sie zuerst die leichtere Aufgabe angehen und die schwierige für später aufsparen. - Und wie machen Sie es?
Joe: Die linke Hand. immer die linke zuerst. Ich glaube nicht, dass man eine Wahl hat, sich immer erst auf das Angenehme stürzen und wenn man mit der linken Hand fertig ist, ist nur noch die rechte Hand übrig und die ist dann die leichteste, die noch bleibt.
Seligman: So habe ich das noch nie gesehen. - Ja, man... man ist nie zu alt. Nie zu alt dazu zu lernen.

Welche Hand schneidet ihr zuerst? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.

Freitag, 13. April 2018

Freitag, der 13.


Als ich vor Jahren Heilpädagogik studierte, machte ich eine Teilprüfung als Präsentation über Phobien, also Angst, die meist stark einschränkt und blockiert und oft in bestimmten Situationen auftaucht. Meine Präsentation befasste sich auch mit Behandlung von Phobien.

Passend zum Tag heute gibt es tatsächlich einen Begriff für Leute, die Angst vor der Zahl 13 haben. So eine Angst nennt man Triskaidekaphobie (von griechisch τρεισκαίδεκα, treiskaídeka = dreizehn). So gibt es Gegenden, in denen es nur 12 Stockwerke gibt oder das 13. Stockwerk ausgelassen wird und sich in Fahrstühlen nur das 12. und dann das 14. Stockwerk findet.

Es gibt auch die Paraskavedekatriaphobie (von lateinisch parasceuē oder griechisch παρασκευή, parascēves = Freitag), die Angst vor Freitag, dem 13. Filme wie die Reihe der Horrorfilme „Freitag, der 13.“ helfen sicher nicht besonders bei dieser Angst.

Lustiger Fakt: Die Angst vor langen Wörtern, wie die beiden oben genannten Phobien möglicherweise, nennt sich übrigens Hippopotomonstrosesquippedaliophobie. Ein Kunstwort zusammengesetzt aus der falschen Schreibweise von hippopotamus (englisch „Nilpferd“), dem lateinischen Substantiv „monstrum“ (ungeheuerlich) und „sesqui“ (Lateinisch eineinhalb) und „pedal“ (von Lateinisch „pedālis“ = zum Fuß gehörig). Eineinhalb Fuß damit wohl bildlich als Länge der Wörter. Eigentlich übrigens im Deutschen falsch mit zwei „p“ in „sesquippedalio“, aber viele deutsche Seiten im Internet haben das Wort vermutlich durch kopieren und einfügen falsch übernommen und so verbreitet.

Die Juden können solche Ängste sicher wenig nachvollziehen. Samstag ist für sie der Sabbat, also ein Ruhetag. Dieser wird schon am Freitagabend gefeiert. Außerdem wird Bar Mizwa, also die religiöse Mündigkeit der Jungen im Judentum, in der Regel am Sabbat nach Vollendung des 13. Lebensjahrs gefeiert. Die Bat Mizwa für Mädchen wird wiederum gefeiert, wenn diese 12 Jahre alt sind.

Der Karfreitag  ist für Christen als Kreuzigungstag von Jesus kein guter Tag. Selbst in der sonst wohl eher als rational zu bezeichnenden Wirtschaft werden diverse Unglückstage einer Wirtschaftskrise oder eines Börsenkrachs als „Schwarzer Sonntag“ (Englisch: Black Friday) bezeichnet.

Dreizehn alleine gilt häufig schon als keine gute Zahl. Jesus hatte 12 Jünger. Der Tag und die Nacht gliedern sich jeweils in 2 x 12 Stunden. Das Jahr hat 12 Monate. Die Dreizehn wird daher häufig als „Dutzend des Teufels“ bezeichnet. Mathematisch betrachtet, ist die 13 eine Primzahl. Das heißt sie ist nur durch 1 und sich selbst teilbar ohne Rest.

Das sind nur einige Beispiele und Erklärungsversuche, warum speziell Freitag, der 13. als ein so schlimmer Tag gilt. Dabei finden sich im Internet Untersuchungen von beispielsweise Versicherungen, die belegen, dass es an Freitag, dem 13. statistisch keine vermehrten Unfälle, weder mit Personenschaden, noch mit Sachschaden, gibt. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass manche so ängstlich sind an diesem speziellen Tag, dass sie sich von der Arbeit frei nehmen und zuhause bleiben, so wie andere wiederum angeblich ihren Urlaub so planen, dass sie nur nicht an einem Freitag, dem 13. fahren.

Ich selbst habe schon früh für mich gemerkt, dass Freitag, der 13. ein normaler Tag ist und nichts zwingend viel Unglück passiert an diesem Tag. In der Grundschule machte ich bei der Blockflöten AG mit. Einmal probten wir an diesem vermeintlichen Unglückstag für einen Auftritt. Die Probe verlief ohne irgendwelche Zwischenfälle.

Im Studium war wiederum recht lustig, als sich einer unserer Professoren am Ende der letzten Stunde verabschiedete mit den Worten, wir würden uns dann am Freitag, den 13. zur Prüfung wieder sehen. Unter den Studenten brach entsetztes Geschrei aus. Offenbar hatten wir zwar alle irgendwie im Kopf, dass die Prüfung an einem Freitag war und auch, dass wir am 13. Prüfung hatten. Diese beiden schrecklichen Tage hatten wir bis zur Verabschiedung des Professors allerdings nicht zusammengebracht als Freitag, den 13.!

Lustige Fakten:
  1. Jedes Jahr hat mindestens 1 und höchstens 3 Freitage, die auf den 13. des Monats fallen!
  2. Ist das Jahr kein Schaltjahr und im Februar der 13. ein Freitag, so folgt immer im März und November ein Freitag, der 13.!
  3. Der kürzeste Abstand zwischen 2 Freitag, den 13. sind exakt 4 Wochen! Nämlich wenn Lustige Fakten Punkt 1 zutrifft mit den Tagen zwischen Februar und März, da der Februar nur 28 Tage hat.
  4. Der längste Abstand zwischen 2 Freitag, den 13. ist genau 61 Tage oder 14 Monate! Das trifft zu, wenn der Tag im August ist. Der nächste Unglückstag ist damit erst im Oktober des folgenden Jahres. Oder wenn der Tag auf Juni fällt mit nächstem Freitag, den 13. erst wieder im September des Folgejahres.
Wie steht ihr zu Freitag, dem 13.? Ist euch an diesem Tag einmal etwas Schlimmes passiert? Oder ist euch sogar etwas Gutes passiert an so einem Tag? Macht ihr euch Gedanken um dieses Datum und diesen Tag oder ist es ein ganz normaler Tag für euch?

Fröhlichen Freitag, den 13. allerseits!

Dienstag, 30. Juni 2015

Wer ist 'man' überhaupt?

Liebe Leserinnen und Leser,

vor Jahren saßen wir als Familie zusammen auf dem Balkon und grillten. Meine Schwester erzählte von letzter Nacht. Ich weiß nicht mehr exakt, was sie sagte, aber sinngemäß etwas in der Art: „Ich hatte gestern eine Mücke in meinem Zimmer. Sie flog herum und summte. Und wenn man das Licht anmacht, ist sie verschwunden!“ Daraufhin fragte unsere Mutter, „Wer ist 'man', der dir das Licht angemacht hat?“
 
Bis heute bin ich überrascht, dass gerade meine Mutter auf diese Formulierung angesprungen ist. Normalerweise habe ich ganz gute Ohren für so etwas. In dem Moment jedoch war eher mein Herz angesprungen, denn wir alle kennen doch gut Nächte, in denen Mücken summen und nerven, wenn wir schlafen wollen. Mein Vater ist auch relativ gut darin, manche Unstimmigkeiten bei Gesagten herauszuhören und zu kommentieren. Aber auch er hatte nicht darauf reagiert an dem Abend.
 
Wer ist diese unbekannte, unbestimmte Person „man“ überhaupt? Sie findet sich auch in Rezepten oder anderen Anleitungen und Anweisungen. Man nehme drei Esslöffel... Kann *ich* nicht nehmen? „Nehmen Sie...“ oder „Nimm...“?
 
Nett sind auch die ganz schlauen Menschen. Die „Man sagt,...“ Auch bekannt als „Es heißt, man...“ Wer macht die Recherche für diese Leute?

Man sagt, vieles im Internet ist Blödsinn. Vielleicht auch dieser Eintrag. Ich weiß es nicht. Ich dachte nur neulich an den Abend auf dem Balkon, weil ich selbst eine Mücke in meinem Zimmer summen hörte und als ich das Licht an machte, war sie meistens verschwunden. Die Male, wo ich sie gesehen habe, konnte ich sie leider nicht erwischen.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Donnerstag, 25. Juni 2015

Organsprache

Liebe Leserinnen und Leser,

nein, Organsprache ist nichts schlimmes oder unverschämtes. Es ist die Ausdrucksweise unserer Organe, um zu zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die Theorie ist, dass wir darauf basierend, mit welchem Organ wir Probleme haben, auch feststellen können, was genauer das Problem ist.

Das scheint gar nicht so abwegig, obwohl ich mich nur höchst oberflächlich mit dem Thema beschäftigt habe. Manches scheint selbst ohne näheres Wissen über Organsprache fast intuitiv auch in unserer Wort-Sprache Ausdruck zu finden.

Das nächste Mal, wenn ihr sehr ausführlich über eine Sache nachdenkt, denkt vielleicht auch an diesen Eintrag und wundert euch nicht so sehr, dass ihr Kopfschmerzen habt. Auch wenn ich euch nicht sagen kann, warum wir gerade durch vieles Nachdenken ausgerechnet Kopfschmerzen verursacht, gibt es dennoch die Redewendung, dass etwas „Kopfzerbrechen“ verursacht. Alternativ schlägt einigen Menschen unangenehme Dinge „auf den Magen“.

Vor allem Frauen haben Spaß, beim Kochen für andere, den Teller schön herzurichten oder freuen sich, wenn ihnen ein schön hergerichtetes Essen serviert wird, denn „das Auge isst mit“.

Als ich einmal für eine Korrektur meiner Nase im Krankenhaus lag und viele von uns nach der Nasenoperation Tamponaden in der Nase hatten, witzelten wir einige Tage nach der Operation, dass wir „die Nase voll haben“.

Vielleicht habt auch ihr schon mal von Pheromonen gehört, Botenstoffe, die Informationen unter Menschen austauschen und daraufhin bestimmte Reaktionen bei uns und dem Gegenüber auslösen. Das ganze passiert unbewusst, trotzdem ist etwas Wahres dran an dem Sprichwort, dass man einen „nicht gut riechen kann“ wenn man die Person nicht mag oder eben „gut riechen kann“, wenn man die Person mag.

Ist es so verwunderlich, dass manche Leute Asthma entwickeln, wenn wir schon die Redensart „da bleibt mir die Luft weg“ haben?

Möglicherweise lohnt es sich näher zu schauen, was diese Organsprache bedeuten kann, vor allem wenn ein oder mehrere Organe immer wieder Probleme bereiten.

Haltet die Ohren steif!

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Montag, 27. Oktober 2014

Die Wahrheit über zu positive Gedanken: der saure Apfel

Liebe Leserinnen und Leser,

zum ersten Mal ist eine deutsche Redewendung "der saure Apfel" bzw. "in den sauren Apfel beißen" passender und mir lieber als die englische Redewendung. Oft finde ich mehr Gefallen an der englischen Ausdrucksweise. In diesem Fall passt es nur "obst-mäßig" einfach besser nach meinem Die Zitrone Eintrag als das englische "biting the bullet" (wörtlich: "die (Pistolen)Kugel beißen") oder "biting the pill" (die "Pille schlucken"). Das ist nicht die Wahrheit über zu positive Gedanken. Das ist nur etwas, was ich für mich selbst gemerkt habe und muss nicht einmal der Wahrheit entsprechen.

Gabriele Oettingen von der Universität New York befasst sich mit Zukunftsdenken und Selbstregulation. Im Jahr 2011 machten Oettingen und ihre Kollegin Heather Kappes ein interessantes Experiment. Sie gaben den Probanden kein Wasser, aber ließen sie in einer angeleiteten Visualisierungsübung ein Glas kaltes Wasser vorstellen. Danach maßen sie den Blutdruck und stellten fest, dass diese Übung ihnen Energie genommen und sie entspannt hat. Sie fühlten danach tatsächlich weniger den Drang ein echtes Glas Wasser zu holen, um den ganz realen Durst zu stillen.

Oliver Burkeman vom Guardian schreibt in seinem Artikel How to be fitter, happier and more successful: stop dreaming and start getting real, dass diese Erkenntnis völlig der allgemein bekannten und vermuteten Vorstellung entgegengesetzt ist. Mir persönlich kommt da beispielsweise auch der Gedanke an The Secret - das Geheimnis so beliebt und bekannt und gefüllt mit Beispielen von Leuten, die sich mehr oder weniger etwas positiv vorgestellt haben für ihre Zukunft und dann ist es wahr geworden. Gabriele Oettingen und ihre Kollegen zeigen, dass die intensive Vorstellungen nur ein Weg zum Fehlschlag ist. Eine positive, neue Zukunft entsteht nicht durch "schön denken", sondern durch aktives Handeln und zwar andere, neue Handlungen als die bisherigen, die unbefriedigende Resultate gebracht haben. Man denke an Albert Einsteins Die Definition von Wahnsinn: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Insofern war auch mein in Schlank zw-ei: mit Köpfchen beschriebene Idee, sich "schlank zu denken" letztlich sinnlos. Zumindest ist das nicht der einzige Weg, den jemand einschlagen sollte, wenn man schlank sein möchte. Sowieso kann es dabei nie nur einen Sache geben, die verändert oder neu gemacht werden muss und dann wäre man schlank. Engere Kleidung anziehen kann in gewisser Weise helfen. Doch was manche insbesondere Mädchen und Frauen machen ist nicht das "Schlankdenken" zu unterstützen, wie eine Presswurst sich in für alle anderen deutlich sichtbar viel zu enge Kleidung zu zwängen ist dabei nicht der Weg.

In ihrem neusten Buch Rethinking Positive Thinking: Inside the New Science of Motivation stellt Oettingen die WOOP Methode vor. WOOP steht für "wish, outcome, obstacle, plan" (Wunsch, Ergebnis, Hindernis, Plan). Auf der WOOP Homepage finden sich nicht nur weitere Informationen, sondern auch Downloads und konkretere Hilfen für Interessierte z.B. WOOP in 24 Stunden zum anhören  (allerdings alles nur auf Englisch). WOOP ist die Idee, sich nicht nur alles schön zu denken, sondern mit "outcome" (Ergebnis) spezieller ein positives Ergebnis aus diesem Denken sich vorzustellen. Entgegen der oft populären Vorstellung, Hindernisse zu ignorieren oder sich schlicht konsequent "durchzuboxen", gehen das zweite O (obstacle, Hindernis) und P (Plan) gerade auf die Aspekte ein, weshalb so viele gute Ideen überhaupt in der Realisierung scheitern. Nämlich an Hindernissen und einem fehlenden Plan, was bei Problemen und Hindernissen getan werden kann, um trotzdem weiter zu kommen zum Ziel.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Die Zitrone

Liebe Leserinnen und Leser,

stell dir einmal, du sitzt an einem Tisch. Vor dir auf dem Tisch liegt eine Zitrone. Sie ist frisch, leuchtend gelb. Nimm die Zitrone in die Hand. Fühle ihre Struktur. Sie ist eigentlich glatt, aber hat diese kleinsten Punkte in der Oberfläche der Schale. Jetzt nimm ein Messer und schneide die Zitrone in zwei Hälften. Der Duft steigt dir in die Nase und Saft kommt an deine Hände. Nimm eine Hälfte und teile sie noch einmal. Noch mehr Duft in deiner Nase und noch mehr Saft an deinen Fingern. Traust du dich, eines der Stücke zu nehmen und den Saft zu lecken oder sogar hinein zu beißen und ein Stück Zitrone zu kauen?

Nun, musstet ihr beim Lesen dieses Absatzes schlucken? Ich weiß nicht, wie es euch ging beim Lesen dieses ersten Absatzes. Aber bei mir sammelte sich schon die Spucke, alleine durch den Gedanken an die Zitrone und den Absatz zu schreiben.

Der Effekt kommt daher, dass unser Gehirn nicht gut unterscheiden kann zwischen Gedanken und Realität. Wenn die Gedanken detailliert genug sind, sind unsere (körperlichen) Reaktionen darauf genau so wie auf das Reale.

Stell dir deine Zukunft detailliert positiv vor und du bist schon halb dort. In meinem Eintrag Verdammte Spiegelneuronen! hatte ich auch von einem ähnlichen Phänomen geschrieben, dass in unserem Gehirn, selbst wenn wir Personen sehen, die etwas machen und selbst nicht aktiv sind, die gleichen Regionen aktiv sind, als ob wir die Aktivität mitmachen würden.

Ich weiß nicht mehr, wo ich es gelesen oder gehört habe. Ich werde es nachtragen, wenn ich es herausfinde. Jedenfalls hat es ein Experiment gegeben, wo Personen einen Gipsarm bekommen haben und entsprechend den Arm nicht bewegen konnten. Den Teilnehmern in einer Gruppe wurde gesagt, sie sollten den Arm nicht bewegen. Den anderen Gruppenteilnehmern wurden Übungen für den Arm gezeigt für wenn sie ihn wieder bewegen können, wenn der Gips wieder ab kommt. Obwohl der Arm aktuell zwar im Gips und unbeweglich war, sollten sie sich trotzdem regelmäßig vorstellen, dass sie diese Übungen real machen würden. Nach Ablauf der Zeit stellte sich heraus, dass der Verlust an Muskelmasse in der zweiten Gruppe geringer war als bei der ersten. Interessant, wie gut positives Denken also hilft, oder?

Sämtliche Annahmen treffen tatsächlich zu. Die Schlüsse, die wir und das schließt Wissenschaftler und Selbsthilfe-Gurus ein, bisher daraus gezogen haben, sind allerdings nicht ganz korrekt.

Da es allerdings jetzt schon sehr spät ist und ich auch mal früher ins Bett gehen sollte und ich mich außerdem über Leser freue, die meinen Blog verfolgen und mehrere Einträge lesen, verrate ich euch die negativen Folgen vom zu positiven Denken im nächsten Eintrag. Ja, es gibt nämlich zu positives Denken und die Folgen können manchmal sehr negativ sein.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Dienstag, 23. September 2014

Süße Träume (Vater, siehst du nicht, dass ich brenne?)

Liebe Leserin, lieber Leser,

lasst mich euch eine Gutenachtgeschichte erzählen. Eine Klientin von Freud kam zu ihm und erzählte von einem Vater, der folgenden Traum gehabt hat (aus „Traumdeutung“ von Sigmund Freud):

Ein Vater hat tage- und nächtelang am Krankenbett seines Kindes gewacht. Nachdem das Kind gestorben, begibt er sich in einem Nebenzimmer zur Ruhe, läßt aber die Tür geöffnet, um aus seinem Schlafraum in jenen zu blicken, worin die Leiche des Kindes aufgebahrt liegt, von großen Kerzen umstellt. Ein alter Mann ist zur Wache bestellt worden und sitzt neben der Leiche, Gebete murmelnd. Nach einigen Stunden Schlafs träumt der Vater, daß das Kind an seinem Bette steht, ihn am Arme faßt und ihm vorwurfsvoll zuraunt: „Vater, siehst du denn nicht, daß ich verbrenne?“ Er erwacht, merkt einen hellen Lichtschein, der aus dem Leichenzimmer kommt, eilt hin, findet den greisen Wächter eingeschlummert, die Hüllen und einen Arm der teuren Leiche verbrannt durch eine Kerze, die brennend auf sie gefallen war.“

Wie kann so ein Traum entstehen? Eine These wäre, dass der Vater den Rauch oder den Schein im Traum wahrgenommen und verarbeitet hat. Das ist, angeblich, wie wir oft träumen. Wir verarbeiten Erlebnisse vom Tag und/oder aktuelle Sinneseindrücke finden sich im Traum wieder. Eine logische Erklärung. Was aber nicht erklärt, warum immer wieder Menschen im Bett verbrennen, nachdem sie eingeschlafen sind mit glühender Zigarette oder ähnlichem. Auch über Hypnose und Trance heißt es, wenn wir wirklich wach sein müssen, weil Gefahr droht, würden wir sofort aus der Hypnose bzw. Trance erwachen und handlungsfähig sein. Ohne es tatsächlich erlebt zu haben, glaube ich, dass es auf Hypnose und Trance zutrifft. Aber es erklärt nicht die Verbrennungsopfer.

Nächste Theorie. Wir träumen gerne. Ähnlich wie viele Menschen gerne in Trance sind. Das heißt um aufzuwachen, brauchen wir entweder einen starken äußerlichen Reiz oder der Traum wird so unangenehm, dass der Wachzustand für uns angenehmer erscheint und wir deshalb aufwachen. Der Vater träumte von seinem Sohn, um ihm nah zu sein. Doch das Feuer war ein Reiz, das zur Handlung zwang. Also träumte er von seinem Sohn, der ihn weckte. Klingt logisch? Vielleicht. Doch wie im obigen Absatz, müssten wir dann nicht bei Feuer immer aufwachen? Entweder vom Feuer selbst oder durch Träume, die uns zum Aufwachen zwingen?

Wenn man die Möglichkeit in Betracht zieht, dass es ein Leben nach dem Tod gibt oder die Seele nach dem Tod weiter lebt oder ähnliches, könnte auch der Sohn seinen Vater durch oder in dem Traum tatsächlich kontaktiert haben. Allerdings schließe ich persönlich diese Theorie für mich aus. Denn ich weiß, dass Harry Houdini sehr daran gelegen war, seine Mutter zu kontaktieren. Nachdem er gestorben war, hätte er alles daran gesetzt, seine noch lebende Frau zu kontaktieren. Selbst wenn er es versucht hat, ist jedenfalls bis heute nicht bekannt, dass es ihm geglückt wäre.

Wie also ist dieser Traum nun zu deuten? Eure Theorien?

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Sonntag, 24. August 2014

Gefühle zeigen

Liebe Leserinnen und Leser,

Arno Funke dürfte deutschen Lesern unter Umständen noch bekannt sein unter seinem Namen "Dagobert", den er sich als Kaufhaus-Erpresser zwischen 1988 und 1994 selbst gab. Er arbeitete als Lackierer von Motorrädern und Sportwagen. Um sich einen Neustart in Selbstständigkeit zu finanzieren, erpresste er Kaufhäuser. Später sagte er, die eingeatmeten Lösungsmittel während der Lackarbeiten hätten sein Gehirn verändert und zu Depression geführt. In seiner Autobiografie (Mein Leben als Dagobert) schreibt er, dass der schleichende Prozess in die Depression und Gefühllosigkeit ihm damals nicht bewusst war. Seine Festnahme und Therapie, die dazu führten dazu, dass er wieder Zugang zu seinen Gefühlen bekam. Dadurch konnte er auch wieder zeichnen und kreativ sein.

Sherlock Holmes und sein Bruder Mycroft werden als eher gefühllos dargestellt. In der BBC Serie "Sherlock" gibt es eine Szene in "Ein Skandal in Belgravia" (A Scandal in Belgravia, Staffel 2, Episode 1) wo Sherlock und Mycroft in der Leichenhalle vom St. Bartholomew's Hospital in London zusammen stehen. Sherlock hat gerade eine Leiche als Irene Adler identifiziert. Im Treppenhaus hört Sherlock Trauernde vorbei gehen. "Es geht ihnen allen so nah. Fragst du dich je, ob irgendwas mit uns nicht stimmt?", fragt Sherlock seinen Bruder. Denn obwohl Sherlock Irene Adler vorher getroffen hat und auf gewisse Weise von ihr fasziniert war, scheint ihr Tod jetzt zu Weihnachten weder ihn, noch Mycroft irgendwie zu berühren. "Alles Leben endet. Alle Herzen werden gebrochen. Mitgefühl bringt keinen Vorteil. Sherlock", antwortet Mycroft drauf. Ein bisschen Mitgefühl zeigt Mycroft trotzdem, denn er gibt seinem kleinen Bruder eine Zigarette und das, obwohl Sherlock eigentlich bemüht ist, mit dem Rauchen aufzuhören.

Sherlock Holmes ist sicherlich eine erfundene Person. Daher ist fraglich, wie realistisch so ein gefühlloser Mensch ist. Wobei Soziopathen tatsächlich kein Mitgefühl haben und insofern abgeschottet sind von ihren Gefühlen, insbesondere anderen gegenüber.

So schwer und nervig es manchmal auch ist, von Gefühlen überwältigt zu sein. Letztlich ist es wahrscheinlich doch besser und menschlicher, Gefühle zu haben und sie zu zeigen. Den Spruch von wegen "Indianer kennen keinen Schmerz" und deshalb dürften vor allem Jungen nicht weinen, ist völlig absurd. Mädchen und Frauen sind wohl allgemein emotionaler. Sie sind letztlich für die Versorgung der Kinder meist hauptverantwortlich. Da macht es Sinn, dass sie besonders Gefühle zeigen können und bei anderen, bei den Kindern, erkennen und entsprechend reagieren. Das heißt trotzdem nicht als Konsequenz, dass Jungen und Männer deshalb die "Starken" sein müssen und gar keine Gefühle zeigen sollten. Gefühle gehören zum Leben. Gefühle gehören zum Menschsein. Ob es uns gefällt oder nicht. Auf Dauer wäre es nicht gut, Gefühle zu verstecken oder immer nur runter zu schlucken. Wie im Fall von Arno Funke, führt so etwas eher zu negativen Entwicklungen und dabei geht uns einiges verloren. Auch wenn Gefühle manchmal blockieren und überwältigen und wir nicht mehr klar denken können, obwohl wir es uns wünschen würden. Gefühle sind wie ein Fluss, sie verändern sich. Eine Situation, die uns in einem Moment völlig fertig macht, wird mit der Zeit besser verkraftet und dann geht es weiter.

Falls ihr doch einmal deprimiert oder depressiv sein wollt, befolgt wenigstens Charlie Brown's Rat:

http://www.mmdiesein.de/ARCHIV/BLOG/Peanuts-Depressionen.jpg

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Samstag, 19. Juli 2014

Multitasking ist Blödsinn

Liebe Leserinnen und Leser,

es wird oft gesagt, dass wir Frauen eher wähig sind mehrere Dinge auf einmal zu machen als Männer. Frauen sind multitasking fähig, Männer nicht. Oder sind wir letztlich doch alle unfähig zu Multitasking? Mag sein, dass ich hier gerade schreiben kann und gleichzeitig die Musik läuft und ich zusätzlich ein Chatfenster auf habe. Ich könnte sicherlich auch irgendwelche Übungen im Sitzen machen, während ich hier schreibe. Mental wäre meine Aufmerksamkeit allerdings definitiv geteilt und bei keinem der Dinge so ganz. Ohne jetzt Studien dazu recherchiert zu haben, würde ich stark annehmen, dass die Konzentration und Produktivität darunter leidet, verschiedene Dinge quasi "gleichzeitig" zu machen. Denn keines der Dinge wäre mit voller Aufmerksamkeit gemacht. Mal ganz abgesehen von der Frage, wie lange man es aushält, länger mehrere Dinge so geteilt gleichzeitig zu machen und dabei geistig und körperlich gesund zu bleiben.

Penn Jillette vom Zauberer Duo Penn & Teller hat einmal darüber gelesen, dass man lieber keine Musik hören sollte beim Radfahren. Weil es eben die Konzentration im Straßenverkehr beeinträchtigt. Streng genommen müsste man auch im Auto die Musik, das Radio, ausgeschaltet lassen. Hat Penn dann auch eine Zeit lang gemacht. Seine Erkenntnis ist nicht besonders überraschend: er stellte fest, dass er deutlich aufmerksamer war und mehr mitbekam im Verkehr.

Es gibt verschiedene Varianten einer Geschichte eines Zen-Meisters. Er wurde gefragt, was das Geheimnis seiner Erleuchtung wäre. " Wenn ich schlafe, dann schlafe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich", sagte der Zen-Meister. Der Schüler war verwirrt. Er waren fest überzeugt, dass er das auch machte. "Nein", sagte der Zen-Meister. "Wenn du aufsteht, denkt du daran, was du essen wirst. Wenn du isst, denkst du daran, wohin du gehen wirst."

Für Kenner dieser Geschichte gibt es quasi eine Fortsetzung. Der Zen-Meister sitzt am Morgen am Tisch, isst sein Frühstück und liest die Zeitung. "Meister", sagt der Schüler. "Hast du nicht gesagt, wenn du isst, dann isst du nur. Wenn du gehst, dann gehst du nur? Jetzt sitzt du hier und isst dein Frühstück und liest gleichzeitig die Zeitung. Ist das nicht ein Widerspruch zu deiner Lehre?" Darauf der Zen-Meister: "Wenn ich die Zeitung lese und frühstücke, lese ich die Zeitung und frühstücke nur."

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Montag, 14. Juli 2014

Erinnert euch einfach nur zu atmen

Liebe Leserinnen und Leser,

es gibt diverse Entspannungstechniken, Kurse, Therapien und was nicht noch alles, um wieder entspannter zu werden, klarer denken zu können und/oder einfach mal wieder zur Ruhe zu kommen. Das einfachste und offensichtlichste wird dabei oft vergessen: einfach mal nur zu atmen. In einer angespannten Situation oder wenn wir nervös sind, reagieren wir viel zu oft mit flacher Atmung oder halten sogar die Luft an, statt tief durchzuatmen oder wenigstens normal weiter zu atmen.

Viele, die mit Bauchreden anfangen, werden wahrscheinlich feststellen, dass die Atmung, die man anwendet dafür, auf die Bauchmuskeln geht. Vor allem auf die, die wir sonst eher nicht so sehr beanspruchen. Oft liest man etwas von vernachlässigter Zwerchfellatmung. Als ob wir jemals wirklich ohne Zwerchfell atmen würden. Es stimmt schon, dass wir eher flach atmen und nicht bewusst tief in und aus dem Bauch heraus. Der Darm wird immer wieder das zweite Gehirn genannt. Genau so, wie wir manchmal gähnen, um unser Gehirn im Kopf zu durchlüften, tut es gut, den Bauch zu entspannen durch bewusstes Atmen. Kostet nichts!

In dieser hektischen Zeit täte es uns allen gut wieder mehr zur Ruhe zu kommen. Meditation in dem Sinne ist nicht einmal zwingend nötig. Vielen fällt es sogar schwer, eine Weile nichts zu denken. Ich kenne Leute, die behaupten, sie würden besser unter Zeitdruck arbeiten. Manchen wird plötzlich langweilig, wenn sie nicht wenigstens noch fünf Dinge auf ihrer "To-Do Liste" haben. Irgendwann haben sie dann Burnout. Wer während einer Zeit der Ruhe mit dem Denken nicht völlig aufhören will, kann alternativ zum Beispiel von 1 bis 10 zu zählen und nach 10 wieder bei 1 anzufangen. Mit ein paar Wiederholungen, ohne darauf zu achten, wie viele male die 10 erreicht wurde.

Überhaupt wäre es manchmal nicht schlecht "erst zu denken, dann zu reden". Vor allem in Konfliktsituationen. In Noel Cowards "Private Lives" finden sich zwei Paare während ihrer Flitterwochen in einem Hotel. Wie es der Zufall so will, ist der Mann eines der Paare mit der Frau des anderen Paares früher zusammen gewesen. Durch angrenzende Zimmer finden sie sich nun wieder und streiten sich auch wieder. Eigentlich wollen sie nicht streiten. Sie schließen eine Abmachung: wenn einer der beiden merkt, dass sie wieder anfangen zu streiten, sagt die Person ein verabredes Schlagwort. Danach sprechen beide für zwei Minuten nicht mehr. Zwei Minuten mit der Option zur Verlängerung. Mir gefällt diese Abmachung sehr.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Mittwoch, 30. April 2014

Lang lebe Placebo!

Liebe Leserinnen und Leser,

das Wort Placebo kommst aus dem Lateinischen und bedeutet "ich werde gefallen", was vor allem Wissenschaftlern tatsächlich gefällt. Denn oft, wenn Medikamente oder die Wirkung von irgendwas getestet wird, geben sie der sogenannten Kontrollgruppe ein Placebo, das äußerlich scheinbar gleiche, aber ohne irgendwelche Wirkstoffe und somit ohne Wirkung. Wenn trotzdem objektiv positive Veränderungen an Versuchspersonen festgestellt werden, spricht man dabei von Placebo-Effekt. Dann ist "irgendetwas" an der Art der Behandlung, was zu positiver Veränderung führt unabhängig vom Wirkstoff, der ja bei Placebo nicht gegeben ist. Soweit ich weiß gibt es noch keine Untersuchungen von Placebo an sich. Es wird immer nur eingesetzt zum Vergleich mit den "richtigen" Stoffen.

In seinem zweiteiligen Programm "Fear and Faith" aus dem Jahr 2012 machte der Zauberer Derren Brown ein spannendes Experiment. Folgende Geschichte war die Grundlage: eine Firma hätte ein Mittel entwickelt, dass im Militär als eine neue Art Wunderwaffe gehandelt würde. Die Soldaten hätten keine Angst mehr und wären völlig furchtlos. Nun sollte das Mittel an einer Gruppe Zivilisten getestet werden und Derren Brown, der bekannte Skeptiker, wollte dies filmisch begleiten, um es als neue Sendung zu veröffentlichen. Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Wirkstoff ein Placebo ist und die Firma ebenfalls nur eine Scheinfirma. Was Derren Brown wirklich testet ist der Placebo-Effekt.

Gegen Ende der Sendung klärt er alle Personen auf, was wirklich passiert ist. In der Zwischenzeit hat bei vielen der Placebo-Effekt eingesetzt mit gutem Erfolg und teils durchaus überraschenden Ergebnissen, wie ich finde. Die ganze Sendung könnt ihr euch auf Youtube ansehen unter folgendem Link: http://www.youtube.com/watch?v=hfDlfhHVvTY (ca. 47 Minuten)

Kapseln sind wirksamer als Pillen und eine Injektion besser als Kapseln, wie Derren Brown sagt. Ich entschloss mich, selbst ein wenig zu experimentieren. Etwas in der Art von Pillen konnte ich so spontan nicht finden, aber Tic Tac schienen mir halbwegs eine gute Kapselform zu haben. Ich kaufte mir eine Packung. Da ich ganz real immer wieder angespannt war in der Zeit, nahm ich immer wieder zwei Tic Tac und redete mir ein, dass sie mich beruhigen würden. Ich lutschte sie, was etwa 10 bis 15 Minuten dauerte und war anschließend wirklich ruhiger. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass der Placebo-Effekt nur greift, wenn die Versuchsperson nicht weiß, dass kein Wirkstoff vorhanden ist. Offenbar ist das nicht der Fall. Ich war mir ja sehr bewusst, dass Tic Tac keine Beruhigungskapseln sind, zumal ich sie in ihrer Originalverpackung nahm. Nun gibt es ja immer verschiedene Sorten. Zumindest Orange und Minze. Was möglicherweise wert wäre zu testen, ob wenn Orange die "Beruhigungskapseln" sind, Minze eine andere Wirkung haben könnten und beide nur ihre jeweils zugesprochene Wirkweise haben. Im Moment habe ich keine Idee und kein Bedürfnis für Minze-Kapseln. Wenn ich den Test doch einmal machen sollte, wisst ihr, wo ihr davon erfahren könnt...

Der zweite Teil von "Fear and Faith" handelt von Derren Browns Experiment, ob er eine Atheistin in einer vorgegebenen Zeit zu einer Gläubigen machen kann. Durch indirekte Hypnose. Ich verrate euch nicht, wie es aus geht. Nur so viel: wie bei allen anderen Programmen, bei denen er größere Experimente macht, klärt er die Frau am Ende der Sendung auf, was wirklich passiert ist und warum.

Hier der Link zum zweiten Teil: http://www.youtube.com/watch?v=LksVbHxLRvY (ca. 47 Minuten)

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Mittwoch, 26. Februar 2014

Bin ich hübsch?

Liebe Leserinnen und Leser,

Sherlock Holmes kann durch seine analytische Art manchmal unglaublich nervig sein. Oder wenn er nicht zugeben will, dass er keine Ahnung hat. In "The Sign of Three" (der 2. Episode der 3. Staffel von "Sherlock") trifft wahrscheinlich beides zu. Sherlock und John sind beide zu Johns Junggesellenabschied betrunken und spielen "Blatt vorm Kopf". Dabei bekommt man von jemand anderen ein Blatt Papier mit einem Namen auf die Stirn und muss diesen erraten. Eigentlich ein recht unterhaltsames Spiel. Nur nicht unbedingt mit Sherlock. John hätte mittlerweile wissen müssen, dass Sherlock für Klatsch und Tratsch und allgemein als bekannt oder berühmte Persönlichkeiten geltende Personen nichts übrig hat.

John: "Bin ich hübsch? Die hier." (John zeigt auf das Blatt auf seiner Stirn)
Sherlock: "Schönheit ist ein Konstrukt, welches allein auf Kindheitseindrücken, Einflüssen und Vorbildern basiert."
John: "Ja, aber bin ich eine hübsche Frau?"
Sherlock: "Ich weiß nicht, wer Sie sind. Ich weiß nicht, wer Sie sein sollen."
John: "Sie haben den Namen ausgesucht!"
Sherlock: "Ich habe ihn zufällig aus der Zeitung genommen."
John: "Sie kapieren das Spiel nicht wirklich, oder, Sherlock?"

Mit seinem Argument hat Sherlock trotzdem Recht. Es sind genau die von Sherlock genannten Faktoren und mehr, mit denen wir fremde Personen als sympatisch oder unsympatisch einordnen, in klug oder dumm oder all die anderen Schubladen, die wir so haben. Eine völlig normale Reaktion. Routine und bekannte Situationen, Dinge und Personen sind, was uns hilft und das Leben erleichtert. Wir können nicht ständig bei jeder Situation reagieren, als wäre es völlig neu für uns. So wie es keine wirkliche Objektivität gibt.

Auch Sherlock Holmes ist mit seiner Denkweise trotzdem nicht unfehlbar. In "Das große Spiel" (Staffel 1, Folge 3 von "Sherlock") kann John es anfangs nicht glauben, dass Sherlock nicht weiß, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Detective Inspector Lestrade und andere Polizisten machen sich ebenso darüber lustig. Sherlock ist das egal. Sein Kopf ist ihm wichtig und die Tatsache, dass die Erde sich um die Sonne dreht, ist ihm nicht wichtig genug, länger im Gedächtnis zu behalten. Doch am Ende der Folge muss Sherlock selbst feststellen, dass ein bisschen mehr Wissen um das Sonnensystem ihm geholfen hätte, den Fall schneller zu lösen.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Freitag, 20. Dezember 2013

Nachtrag: Habt kein Mitleid, aber Mitgefühl!

Liebe Leserinnen und Leser,

Susanne war so lieb, mich auf etwas wichtiges hinzuweisen bezüglich meines letzten Eintrages: es gibt einen Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl. Darauf möchte ich jetzt näher eingehen. Vielen Dank auch Lisa für den anregenden Austausch!

Mitleid ist für mich, was ich in meinem letzten Beitrag beschrieben habe. Die Professorin hat keine Arme. Ich gehe in meiner Vorstellung davon aus, dass wir Arme bräuchten. Sie hat keine Arme, also bemitleide ich sie. Doch wie ich schon geschrieben habe, scheint es zumindest so, als wäre die Professorin trotzdem zufrieden, auch ohne Arme! Es gibt also keinen Grund lange traurig oder entsetzt oder was auch immer zu sein. Ihr geht es gut, so wie es ist. Mir scheint, als hat Mitleid viel mit Annahmen zu tun, die wir anstellen. Diese Annahmen sollten überprüft werden und nach Möglichkeit anschließend gehandelt werden. Ein bisschen wie Sherlock Holmes. Es wäre schlecht in einer Annahme fest zu stecken und das war's dann.

Mitgefühl ist etwas anderes. Bei Mitgefühl kann jemand im ersten Moment geschockt oder entsetzt sein. Zum Beispiel zu erfahren, dass mir mein rechter Fuß fehlt. Ein wichtiger nächster Schritt könnte sein, zu fragen ob oder wie ich Hilfe brauche. Wenn ich erkläre, dass ich normal gehen, laufen und Rad fahren kann, ist es für alle auch wieder in Ordnung, dass ich nur einen Fuß habe. Hilfe bräuchte ich nur beim Schwimmen. Weil ich dafür die Prothese abnehmen muss. Das heißt, ich muss an den Rand vom Schwimmbecken oder nah ans Meer mit der Prothese, aber dann sollte die Prothese vom Wasser entfernt bleiben, damit sie nicht völlig nass wird. Wenn ich dann wieder aus dem Wasser komme, brauche ich die Prothese und jemand muss sie mir holen oder mir helfen, dass ich zur Prothese komme.

Das ist wichtig und nötig. Grundsätzlich kommen die Professorin und ich klar mit unserer Behinderung. Es ist auch in Ordnung für einen Moment zu bedauern, dass uns Arme bzw. ein Fuß fehlt. Wichtig ist die langfristigere Reaktion und Umgang damit. Dass wir, wenn wir Hilfe brauchen nicht nur Menschen um uns haben, die unsere Situation bedauern und sich nicht trauen zu helfen oder aus welchen Gründen auch immer nicht reagieren. Wenn wir einmal Hilfe brauchen ist es wichtig, dass wir verständnisvolle Menschen haben, die uns helfen.

Im sozialen Bereich oder unter Menschen im Bereich Kommunikation wird oft der Begriff "Empathie" benutzt. Erkennen und verstehen, was der andere fühlt. Das bedeutet unter Umständen auch gemeinsam weinen. Das ist wichtig und richtig. Sollte aber nur eine begrenzte Zeit sein. Danach ist es wichtig gemeinsam zu überlegen, wie es weiter gehen kann. Das ist ganz wichtig. Denn wenn jemand wirklich in einer schlechten Situation ist, braucht die Person Hilfe und nicht nur jemanden, der mit ihr weint. Auch wenn es heißt: geteiltes Leid ist halbes Leid. Noch besser ist, wenn das Leid ein Ende hat und gemeinsam lässt sich aus einer schlechten Situation oft besser und schneller heraus kommen als alleine.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Habt kein Mitleid!

Liebe Leserinnen und Leser,

viele Menschen, gerade die ich über das Internet kennen lerne, tut es leid, wenn sie erfahren, dass ich behindert geboren wurde. Mir fehlt von Geburt an mein rechter Fuß. Aber, wie ich den Menschen immer wieder erkläre: ich kann normal laufen, rennen, Rad fahren mit einer Prothese. Trotzdem ist die erste Reaktion von vielen: "Das tut mir leid." Warum überhaupt? Manchmal sage oder schreibe ich ihnen dann, dass sie wahrscheinlich mehr Mitleid mit mir haben, als ich mir jemals selbst leid tue.

Vor Jahren, während meines Studiums, hatte ich einige Seminare bei einer Professorin, die keine Arme hatte. Auch wenn ich mich nie getraut habe, sie direkt zu fragen, vermute ich, dass sie wegen Contergan keine Arme hat. Einmal war ihr Sohn im Seminar und wir erfuhren durch Erzählungen, dass sie einen zweiten Sohn hat. In einer Gesprächsrunde in einem Seminar erzählte sie, dass sie nie das Bedürfnis gehabt hätte, jemanden zu umarmen. Die Reaktion bei allen von uns war sicher erst einmal Schock. Wir sind so gewohnt, andere zu umarmen. Sei es zur Begrüßung oder zum Trost. Und sie hat doch zwei Söhne! Natürlich hätte ich das Bedürfnis meine Söhne zu umarmen, zu trösten, in den Arm zu nehmen und das kleine Kind zu wiegen. Nicht? Und doch wirkt sie wenigstens zufrieden mit ihrem Leben. Sie hatte ja selbst gesagt, sie hätte nie das Bedürfnis gehabt, jemanden zu umarmen. Warum also empfinde ich Mitleid mit ihr, dass sie, vor allem ihre Söhne, nicht umarmen konnte und kann? Ich glaube, wir haben schnell Mitleid mit anderen, wenn wir erfahren oder sehen, dass etwas, das für uns existiert und möglich ist, für andere nicht existiert oder nicht möglich ist. Aber was hilft da Mitleid? Gar nichts.

Meine Vermieterin und Freundin meiner Eltern, somit wohl auch von mir, erzählte mir neulich, dass sie einem ihrer Söhne Geld geben sollte. Das Geld wäre von einer anderen Person gekommen, die es allerdings nicht gegeben hatte, so dass auch der Sohn sein Geld rechtzeitig hätte haben können. Als der Sohn also nach dem Geld fragte, musste sie ihm mitteilen, dass sie das Geld nicht hätte... und entschuldigte sich bei ihm, dass es ihr leid täte. Im Gespräch mit mir stellte sie, im Nachhinein in Frage, warum es ihr denn leid getan hat. Es war doch nicht ihre Schuld, dass der andere das Geld nicht rechtzeitig gegeben hatte!

Hört auf euch selbst leid zu tun und vor allem hört auf, andere zu bemitleiden! Keiner hat etwas davon. Wer in einer misslichen Lage ist, der braucht Hilfe, kein Mitleid. Wenn ihr helfen wollt und die andere Person echte Hilfe braucht, helft. Mehr ist nicht zu machen. Alles andere endet in Bedauern eurerseits und dann? Dann fühlt ihr euch schlecht. Das hilft weder euch, noch der anderen Person.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Warum ich nicht Sherlock Holmes bin

Liebe Leserinnen und Leser,

ich sehe Dinge, die andere übersehen und denke über Dinge nach, die für andere normal und selbstverständlich sind. Manche, die mein Interesse für Sherlock Holmes kennen, ziehen schon Vergleiche. Ich weiß, dass einige bewundern, dass ich bestimmte Dinge weiß, die andere sonst nicht wissen. Dafür bin ich völlig unwissend in anderen alltäglichen Dingen, die für die meisten selbstverständlich sind. Ähnlich wie Sherlock nicht einmal weiß, wie die Sonne, der Mond und die Erde im Verhältnis zu einander stehen.

Gerade lese ich Die Kunst des logischen Denkens: Scharfsinnig analysieren und clever kombinieren wie Sherlock Holmes von Maria Konnikova. Erst gestern las ich einen Abschnitt darüber, dass wir fremde Menschen unbewusst sympathisch oder unsympathisch finden aufgrund von Ähnlichkeiten mit anderen Personen, die wir kennen und mögen oder nicht mögen. Dr. John Watson fällt diesem unbewussten Verhalten zum Opfer, als er in "Das Zeichen der Vier" auf Mary Morstan trifft und sie sofort hübsch findet und auf Anhieb mag. Sherlock Holmes dagegen ist sich dieser Denkprozesse bewusst. Auch wenn Mary Morstan gut aussieht, zieht er nicht gleich den Schluss, dass sie sympathisch ist, geschweige denn ein Unschuldlamm. John hält Mary Morstan sofort für eine gute Person. Sherlock dagegen nimmt zwar ihre physische Schönheit wahr, aber behält sich Urteile über ihren Charakter bis auf weiteres offen. John ist sich nicht bewusst, dass er Frauen mit ähnlichem Aussehen wie Mary Morstan im Kopf hat und die positiven Eigenschaften dieser Frauen auf die bisher fremde Mary Morstan projiziert. Wie Maria Konnikova schreibt, verliert der Zauber seine Wirkung, sobald wir uns dieser Prozesse bewusst werden.

Ich bin noch weit entfernt davon, wie Sherlock Holmes zu sein. Obwohl ich mittlerweile bis auf ganz wenige Ausnahmen nur noch Rolltreppen benutze, die funktionieren. Alles andere ist noch zu sehr John Watson, wie ich feststellen musste. Ich war beim einem neuen Orthopädietechniker wegen meiner Prothese. Herein kam ein älterer Mann, schlank, graue, lockige Haare. Mit anderen Worten: Peter Capaldi, dem 12. Doctor, den wir ab nächstes Jahr sehen werden, sehr ähnlich. Zu ähnlich. Ich merkte, wie mein Gesicht warm wurde. Oh nein! Erst als ich wieder draußen war, wurde mir bewusst, was passiert war. Die Verbindung zu Peter Capaldi war mir nicht sofort klar. Trotzdem ist der Mann mir weiterhin sympathisch. Wenn er mir jetzt noch eine gute, neue Prothese macht um so besser.

Bis zum nächsten Blog,

sarah

 

Donnerstag, 1. August 2013

Schlank zw-ei: mit Köpfchen

Liebe Leserinnen und Leser,

ihr wollt also schlank werden und habt euch vom Fitness Studio abgemeldet, weil ihr es sowieso nicht braucht. Hier kommt noch ein bisschen Gedankennahrung dazu.

Ich habe einmal gelesen, dass man mit Hypnose am meisten Erfolge hat und es eine der besten Möglichkeiten ist. Keine Ahnung, wie viel von dem, was ich gemacht habe, um schlanker zu in dem Sinne "Hypnose" war oder nicht. Unabhängig davon sehe ich bei Hypnose und erfolgreichen Schlanksein Parallelen. Viele glauben, dass man in Hypnose völlig willenlos wird. Das stimmt nicht. Es gibt neben dem Bewusstsein und Unbewussten eine dritte wichtige Instanz, die oft der "kritische Faktor" genannt wird. Er ist die Verbindung zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten. Das Unbewusste enthält Glaubenssätze und Überzeugungen. Der kritische Faktor prüft neue Informationen mit bereits existierenden Glaubenssätzen und Überzeugungen. Bei Übereinstimmung werden die neuen Informationen weitergeleitet ins Unbewusste, anderenfalls werden sie abgeblockt und bleiben nur im Bewusstsein.

Hypnose gelingt dann, wenn der kritische Faktor herabgesenkt ist. Nur so sind Phänomene wie eine unbewegbare (kataleptische) Hand möglich. Natürlich kann die Person ihre Hand bewegen. Aber in dem Moment sind die Barrieren vom kritischen Faktor so weit gesenkt, dass die Aussagen vom Hypnotiseur, dass die Hand nicht bewegbar wäre und kataleptisch ist, als wahr angenommen. Verstärkt durch einen Kreis von Autosuggestion ("Ich stelle fest, dass ich meine Hand nicht bewegen kann. Also muss es so sein, dass ich sie nicht bewegen kann. Deshalb kann ich sie auch nicht bewegen.") ist die Hand unbeweglich geworden, obwohl sie unter normalen Umständen völlig problemlos und vollständig beweglich wäre.

Der kritische Faktor ist der Grund, warum neue (Neujahrs-)Vorsätze so schwer sind einzuhalten und durzuziehen. Der kritische Faktor findet viel mehr Bestätigungen in alten Verhaltensmustern und Glaubenssätzen. Also werden diese letztlich beibehalten. Also heißt es für das Vorhaben schlank zu sein: ihr müsst tricksen wie ein Hypnotiseur.

Das wichtigste überhaupt ist:

1. Positiv formulieren!

Formuliert eure Vorsätze positiv, zum Ziel hin, was ihr wollt. Denkt daran: wenn ihr negativ formuliert mit "nicht", habt ihr immer noch das Negative im Kopf. Das hilft auf Dauer nicht. Ich warne euch, wenn ihr negativ formuliert, habt ihr einen Elefanten im Kopf und der ist so groß, dass er die ganzen positiven Absichten zerdrückt.

Unser Gehirn arbeitet am besten mit Bildern. Deshalb wird auch immer wieder erzählt, wenn man sich eine Reihe von Dingen merken will, diese zu einer Geschichte zu verbinden. Eine ganze Geschichte finde ich zu kompliziert und umständlich. Besser finde ich mit anderen anderen Methoden zu arbeiten und sich einen Gedächtnispalast aufzubauen. Kennt ihr den Film The Machinist? Christian Bale spielt dort einen Mann, der so geplagt ist von Problemen, die er verdrängt, dass er praktisch nichts mehr isst, massive Schlafprobleme hat und entsprechend aussieht. Bestimmt war es auch für ihn als Schauspieler nicht gesund, so viel abzunehmen für die Rolle. Hier zwei Bilder davon:




Gesund sieht das wirklich nicht aus. Aber es gibt eurem Kopf eindeutige Bilder von dem, was ihr wollt. Passt nur auf, dass ihr bitte, bitte nicht real so weit geht. Es sollten nur Bilder sein, mit denen ihr an eurerem eigenen Ziel arbeitet. So eine Figur zu haben ist krankhaft und auf Dauer höchst schädlich für euch! Trotzdem: übertreibt für die Bilder, die ihr benutzt, ob im Kopf oder die, die ihr euch tatsächlich raussucht als Erinnerung. (Der 10. Doctor aus „Doctor Who“, David Tennant, ist wohl eher eine höchst sympathisches und doch schlankes Vorbild. Wobei wenigstens eine seiner Begleiterinnen, Donna Noble, ihn als „nur ein langer Strich aus Nichts, Alien-Nichts.“ bezeichnete. Recht hat sie.)

2. Findet Bilder (real oder im Kopf), die übertrieben sind, um deutlich zu sein, was ihr wollt.

(Einmal schrieb mich eine im Internet an und wollte, dass ich ihr mit Hypnose helfe für größere Brüste. Ich erzählte ihr, dass ich bei meinem Wunsch schlanker zu sein an Christian Bales Rolle in The Machinist gedacht hatte, um meinem Kopf ein klares, deutliches Bild zu geben und empfahl ihr, das gleiche zu tun. Sie suchte sich also ein Bild von einer Frau mit viel zu großen Brüsten, druckte es aus und nutze das Bild dann. Einige Wochen später schrieb sie mir wieder und berichtete, dass ihre Brüste tatsächlich gewachsen seien. Ich weiß nicht, ob es stimmt, was sie erzählte. Es wirkte auf mich so. Letztlich ist wohl das wichtigste, dass sie zufrieden war und das schien sie mir.)

Manchmal habe ich getrickst und bewusst etwas weitere Kleidung getragen, die nicht so eng anliegt. Das gibt das Gefühl schlank zu sein. Zumindest schlanker als die Kleidung, die bei mehr Gewicht eben enger anliegen würde. Skinny Jeans wiederum sind manchmal ganz angenehm und lassen Oberschenkel nicht ganz so sehr auseinandergehen, wie sie bei weiteren Jeans im Sitzen gehen würden.

Wieder einmal scheint es im Englischen noch extremer, wenn man mit Worten anfängt zu spielen. Gewicht zu verlieren (to lose weight) ist, wenn man es ausspricht dem losen/lockeren Warten (loose wait) sehr ähnlich. Im Englischen frage ich daher gerne: Warten worauf? Aber selbst im Deutschen halte ich den "Gewichtsverlust" als Wunsch für unglücklich gewählt. Niemand verliert gerne etwas. Ich kann euch nicht abnehmen, passende Worte zu wählen. Letzlich bleibt mir nur, darauf hinzuweisen, dass unterschiedliche Worte auch verschiedene Aussagen beinhalten können.

Nicht zu unterschätzen ist auch Unterstützung von außen. Wenn ein Kind dick ist und abnehmen soll, ist es am besten als Familienprojekt. Es hilft dem Kind nicht, wenn die Familie weiterhin Fastfood isst, während das Kind schlank sein soll durch gesunde Ernährung.

Zwei "Tricks", die mir noch heute ab und an helfen sind folgende: oft missdeuten wir Durst als Hunger und essen etwas. Es kann oft hilfreich sein, wenn wir statt dessen erst einmal gut Trinken. Abends kann es außerdem helfen ab einer gewissen Zeit Zähne putzen zu gehen. Danach sollte man ja bekanntlich nichts mehr essen. So trinke ich dann auch nur noch ungesüßten Tee oder Wasser.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Sonntag, 21. April 2013

Mein Barnum Effekt Experiment

Liebe Leserinnen und Leser,

nun, der Effekt ist nicht meiner. Das Experiment ist alt. Die Zauberer Penn & Teller haben in ihrer Sendung „Bullshit“ (Staffel 7, Episode 2: Astrology) ihre Variante davon. Derren Brown bringt das Thema und das Experiment als einen Teil in einer Folge seiner Serie „Trick of the Mind“ (Staffel 3, Episode 1). Das sind nur zwei, die mir spontan einfallen, die ich auch selbst gesehen habe. Andere haben das Experiment auch gemacht und ich gegen Ende meines Heilpädagogikstudiums auch.

Ich sprach einmal eine Dozentin eines Psychologiekurses an. Der Kurs war Praxisorientiert... jedenfalls in der Theorie. Der passende Kurs, dachte ich, für mein Experiment. Ich fragte die Dozentin, ob es in Ordnung wäre, wenn ich ein kleines Experiment machen würde, das ich schon länger einmal hätte machen wollen. Die Dozentin willigte ein und hier ist, was ich gemacht habe:

Eine Woche vor den Osterferien kam ich mit kam ich mit gelben Karteikarten an und erzählte den Teilnehmern, dass ich während der Semesterferien an einem Persönlichkeitstest-Programm gearbeitet hätte und es nun auf Genauigkeit testen wollte mit ihnen. Ich sagte ihnen, sie sollten folgendes aufschreiben: in die linke obere Ecke ihr Geburtsdatum und wenn sie wussten auch die Zeit. Aber es wäre nicht zwingend nötig für mich, auch die Zeit zu haben. In die rechte obere Ecke sollten sie eine Reihe von Zahlen und Buchstaben schreiben. Damit sie ihres wiedererkennen könnten. In die Mitte der Karte sollten sie einen kurzen Satz schreiben, der sie beschreibt. (Ich sollte Penn & Teller dafür danken. Das sind die Daten, die auch sie abgefragt haben und da mir nichts anderes einfiel, habe ich es für meinen Test übernommen.)

Dann kamen die Ferien und dann der nächste Tag nach den Ferien, an dem auch das Seminar stattfand. Das Seminar fand nachmittags statt. Genug Zeit, dass Mitstudenten mich vorher über den Test fragen konnten. Zwei kamen sogar direkt nach dem ersten Seminar an dem Tag auf mich zu. Eine sagte, sie hätte den Kurs gewechselt aber sollte ich die Ergebnisse haben, würde sie ihre gerne wissen. Ich gab ihr ihre Karte und die Ergebnisse, die ich mit einer Klammer an der Karte befestigt hatte. Ich erklärte ihr, dass die Sache bei dem Test nicht der Text war oder der Test, sondern wie sie reagierten. Die andere Studentin meinte, sie hätte einen Arzttermin. Sie wollte ihn noch ändern, aber das war nicht möglich gewesen. Ich hoffte nur, dass die beiden mich nicht verraten würden an die anderen im Kurs.

Ich kam in den Raum, wo das Seminar stattfand. Eine im Kurs fragte mich gute drei Mal: „Sagst du es uns jetzt?“ Sie war wirklich gespannt.

Eine Pause während des Seminars war dann mein Moment. Ich sagte ihnen: „Letztes Mal hatte ich euch gebeten Karteikarten auszufüllen für meinen Persönlichkeitstest. Ich habe jetzt die Ergebnisse. Bitte, nehmt eure Karte und lest für euch selbst. Tauscht euch nicht mit anderen aus. Ich möchte euch gleich noch kurz fragen, wie passend ihr die Ergebnisse für euch findet.“ Sie lasen dann ihren Text. „Auf einer Skala von 1 bis 5. 1 heißt passt gar nicht und 5 heißt trifft voll zu. Wie viele sagen: das war nichts? 1?“ Keiner. „Wie viele sagen: ein bisschen? 2?“ Noch immer keiner. „Wer sagt: teils teils? So halb halb? 3?“ Zwei, drei hoben ihre Hand. „Wer sagt 4?“ Ich habe nicht gezählt, aber viele hoben ihre Hand. „5?“ Der Rest. Eine scherzte: „Meins ist so 4,5.“ Die anderen lachten.

Ich sagte: „Von denen mit 5, wäre eine bereit von euch die ersten zwei, drei Sätze für uns vorzulesen? Nur um zu sehen, wie ein gutes Ergebnis aussehen würde?“ Eine fing an ihren Text vorzulesen. Die anderen fingen an zu grinsen und sich gegenseitig anzugucken. Die Vorleserin fragte mich, ob sie weiter lesen soll. Ich dankte ihr und sagte, dass das genug wäre und der Grund, warum die anderen grinsen wäre, dass sie den gleichen Text hätten.

Ihr hallte habt den gleichen Text“, sagte ich. „Und hier ist noch eine andere Wahrheit: das Programm, von dem ich euch erzählte, gibt es nicht.“ Ich konnte die Erleichterung, die sich im Raum ausbreitete spüren. „Ich habe den Text nicht einmal geschrieben. Der Text ist von der wikipedia-Seite zum Barnum Effekt, was genau hier passiert ist: wenn ihr eine Menge von Informationen habt, sucht ihr euch die Dinge raus, von denen ihr denkt, dass sie passen und macht sie passend für euch selbst. Barnum war ein Zirkusdirektor, der das Motto hatte: ein bisschen für jeden.“ Ich erzählte ihnen dann von Wahrsagern und den Techniken, die sie oft anwenden.

Ich erzählte davon, dass meine Mutter mir einmal von einer Tante erzählt hatte, die zu einer Wahrsagerin gegangen war. Sie erzählte der Tante, dass sie in den nächsten 1 bis 3 Monaten in einem Auto sterben würde. Ich sagte: „sie lebte länger als die 3 Monate. Aber könnt ihr euch den psychischen Stress vorstellen – und damit sind wir genau im Thema des Seminars hier – den sie durchlebte, jedes Mal, wenn sie in ein Auto stieg? Dieses könnte das eine sein, in dem sie stirbt.“ Ich sagte: „Vielleicht sagt ihr jetzt: na ja, das ist wahrsagen. Daran glaube ich sowieso nicht. Aber ihr habt mir geglaubt.“

Ich wollte es dabei belassen, aber eine Studentin hob ihre Hand und fragte mich etwas, was ich jetzt nicht mehr weiß. Dadurch kamen wir in eine lockere, aber angeregte Diskussion (die wahrscheinlich länger als die von der Dozentin angedachte Pause dauerte) über Wahrsagen, sogenanntes „cold reading“ (die Technik, die angewendet wird von Leuten, die behaupten, sie könnten mit den Toten reden) und ähnliches.

Ich fühlte mich gut. Es ist eine Sache, Derren Brown in einer Sendung zu sehen, wie er es macht oder darüber zu lesen. Es ist etwas völlig anderes, selbst zu spüren, dass sie dir glauben und zu wissen, dass du sie betrügst. Ich wusste, sie würden mich dafür nicht erwürgen oder sowas. Aber ich war ziemlich nervös, wie sie reagieren würden. Ich war sehr zufrieden, wie sie reagiert hatten. Sogar überrascht, dass sie tatsächlich Fragen hatten und wirklich interessiert waren und darüber diskutieren wollten!

Bis zum nächsten Blog,
sarah