Freitag, 20. Dezember 2013

Nachtrag: Habt kein Mitleid, aber Mitgefühl!

Liebe Leserinnen und Leser,

Susanne war so lieb, mich auf etwas wichtiges hinzuweisen bezüglich meines letzten Eintrages: es gibt einen Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl. Darauf möchte ich jetzt näher eingehen. Vielen Dank auch Lisa für den anregenden Austausch!

Mitleid ist für mich, was ich in meinem letzten Beitrag beschrieben habe. Die Professorin hat keine Arme. Ich gehe in meiner Vorstellung davon aus, dass wir Arme bräuchten. Sie hat keine Arme, also bemitleide ich sie. Doch wie ich schon geschrieben habe, scheint es zumindest so, als wäre die Professorin trotzdem zufrieden, auch ohne Arme! Es gibt also keinen Grund lange traurig oder entsetzt oder was auch immer zu sein. Ihr geht es gut, so wie es ist. Mir scheint, als hat Mitleid viel mit Annahmen zu tun, die wir anstellen. Diese Annahmen sollten überprüft werden und nach Möglichkeit anschließend gehandelt werden. Ein bisschen wie Sherlock Holmes. Es wäre schlecht in einer Annahme fest zu stecken und das war's dann.

Mitgefühl ist etwas anderes. Bei Mitgefühl kann jemand im ersten Moment geschockt oder entsetzt sein. Zum Beispiel zu erfahren, dass mir mein rechter Fuß fehlt. Ein wichtiger nächster Schritt könnte sein, zu fragen ob oder wie ich Hilfe brauche. Wenn ich erkläre, dass ich normal gehen, laufen und Rad fahren kann, ist es für alle auch wieder in Ordnung, dass ich nur einen Fuß habe. Hilfe bräuchte ich nur beim Schwimmen. Weil ich dafür die Prothese abnehmen muss. Das heißt, ich muss an den Rand vom Schwimmbecken oder nah ans Meer mit der Prothese, aber dann sollte die Prothese vom Wasser entfernt bleiben, damit sie nicht völlig nass wird. Wenn ich dann wieder aus dem Wasser komme, brauche ich die Prothese und jemand muss sie mir holen oder mir helfen, dass ich zur Prothese komme.

Das ist wichtig und nötig. Grundsätzlich kommen die Professorin und ich klar mit unserer Behinderung. Es ist auch in Ordnung für einen Moment zu bedauern, dass uns Arme bzw. ein Fuß fehlt. Wichtig ist die langfristigere Reaktion und Umgang damit. Dass wir, wenn wir Hilfe brauchen nicht nur Menschen um uns haben, die unsere Situation bedauern und sich nicht trauen zu helfen oder aus welchen Gründen auch immer nicht reagieren. Wenn wir einmal Hilfe brauchen ist es wichtig, dass wir verständnisvolle Menschen haben, die uns helfen.

Im sozialen Bereich oder unter Menschen im Bereich Kommunikation wird oft der Begriff "Empathie" benutzt. Erkennen und verstehen, was der andere fühlt. Das bedeutet unter Umständen auch gemeinsam weinen. Das ist wichtig und richtig. Sollte aber nur eine begrenzte Zeit sein. Danach ist es wichtig gemeinsam zu überlegen, wie es weiter gehen kann. Das ist ganz wichtig. Denn wenn jemand wirklich in einer schlechten Situation ist, braucht die Person Hilfe und nicht nur jemanden, der mit ihr weint. Auch wenn es heißt: geteiltes Leid ist halbes Leid. Noch besser ist, wenn das Leid ein Ende hat und gemeinsam lässt sich aus einer schlechten Situation oft besser und schneller heraus kommen als alleine.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen