Mittwoch, 4. Dezember 2013

Warum ich nicht Sherlock Holmes bin

Liebe Leserinnen und Leser,

ich sehe Dinge, die andere übersehen und denke über Dinge nach, die für andere normal und selbstverständlich sind. Manche, die mein Interesse für Sherlock Holmes kennen, ziehen schon Vergleiche. Ich weiß, dass einige bewundern, dass ich bestimmte Dinge weiß, die andere sonst nicht wissen. Dafür bin ich völlig unwissend in anderen alltäglichen Dingen, die für die meisten selbstverständlich sind. Ähnlich wie Sherlock nicht einmal weiß, wie die Sonne, der Mond und die Erde im Verhältnis zu einander stehen.

Gerade lese ich Die Kunst des logischen Denkens: Scharfsinnig analysieren und clever kombinieren wie Sherlock Holmes von Maria Konnikova. Erst gestern las ich einen Abschnitt darüber, dass wir fremde Menschen unbewusst sympathisch oder unsympathisch finden aufgrund von Ähnlichkeiten mit anderen Personen, die wir kennen und mögen oder nicht mögen. Dr. John Watson fällt diesem unbewussten Verhalten zum Opfer, als er in "Das Zeichen der Vier" auf Mary Morstan trifft und sie sofort hübsch findet und auf Anhieb mag. Sherlock Holmes dagegen ist sich dieser Denkprozesse bewusst. Auch wenn Mary Morstan gut aussieht, zieht er nicht gleich den Schluss, dass sie sympathisch ist, geschweige denn ein Unschuldlamm. John hält Mary Morstan sofort für eine gute Person. Sherlock dagegen nimmt zwar ihre physische Schönheit wahr, aber behält sich Urteile über ihren Charakter bis auf weiteres offen. John ist sich nicht bewusst, dass er Frauen mit ähnlichem Aussehen wie Mary Morstan im Kopf hat und die positiven Eigenschaften dieser Frauen auf die bisher fremde Mary Morstan projiziert. Wie Maria Konnikova schreibt, verliert der Zauber seine Wirkung, sobald wir uns dieser Prozesse bewusst werden.

Ich bin noch weit entfernt davon, wie Sherlock Holmes zu sein. Obwohl ich mittlerweile bis auf ganz wenige Ausnahmen nur noch Rolltreppen benutze, die funktionieren. Alles andere ist noch zu sehr John Watson, wie ich feststellen musste. Ich war beim einem neuen Orthopädietechniker wegen meiner Prothese. Herein kam ein älterer Mann, schlank, graue, lockige Haare. Mit anderen Worten: Peter Capaldi, dem 12. Doctor, den wir ab nächstes Jahr sehen werden, sehr ähnlich. Zu ähnlich. Ich merkte, wie mein Gesicht warm wurde. Oh nein! Erst als ich wieder draußen war, wurde mir bewusst, was passiert war. Die Verbindung zu Peter Capaldi war mir nicht sofort klar. Trotzdem ist der Mann mir weiterhin sympathisch. Wenn er mir jetzt noch eine gute, neue Prothese macht um so besser.

Bis zum nächsten Blog,

sarah

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen