Wenn du des Morgens nicht gern aufstehen magst, so denke: "Ich erwache,
um als Mensch zu wirken. Warum sollte ich mit Unwillen das tun, wozu ich
geschaffen und in die Welt geschickt bin? Bin ich denn geboren, um im
warmen Bette liegen zu bleiben?"
- Aber das ist angenehmer...
Du bist
also zum Vergnügen geboren, nicht zur Tätigkeit, zur Arbeit? Siehst du
nicht, wie die Pflanzen, die Sperlinge, die Ameisen, die Spinnen, die
Bienen, alle ihr Geschäft verrichten und nach ihrem Vermögen der
Harmonie der Welt dienen? Und du weigerst dich, deine Pflicht als Mensch
zu tun, eilst nicht zu deiner natürlichen Bestimmung?
- Aber man muss doch auch ausruhen?
Freilich muss man das. Indes hat auch hierin die
Natur eine bestimmte Grenze gesetzt, wie sie im Essen und Trinken eine
solche gesetzt hat. Du aber überschreitest diese Schranke, du gehst über
das Bedürfnis hinaus. Nicht so in den Äußerungen deiner Tätigkeit; hier
bleibst du hinter dem Möglichen Zurück. Du liebst dich eben selbst
nicht, sonst würdest du auch deine Natur und das, was sie will, lieben.
Diejenigen, die ihr Handwerk lieben, arbeiten sich dabei ab, vergessen
das Bad und die Mahlzeit. Du aber achtest deine Natur weniger hoch als
der Erzgießer seine Bildformen, der Tänzer seine Sprünge, der Geizhals
sein Geld, der Ehrgeizige sein bisschen Ruhm? Auch diese versagen sich
den Gegenständen ihrer Leidenschaft zu liebe eher Nahrung und Schlaf, als
dass sie es weiter zu bringen suchen in dem, was für sie so anziehend
ist. Dir aber erscheinen gemeinnützige Handlungen geringfügiger und der
Anstrengung nicht so wert.
(Selbstbetrachtungen Fünftes Buch)
Dienstag, 22. August 2017
Mittwoch, 16. August 2017
Sarahs Tagebuch 16. August 2017
Heute morgen Taubenkadaver auf Bürgersteig.
Wenn Rorschach ähnliches schreibt hat
es, wenn auch auf sehr düstere Weise, ein bisschen was Poetisches.
Zumindest beim Lesen oder es im Film gesprochen zu hören. Aber es
ist rein gar nichts poetisches in der Realität.
Hatte seit 12 Stunden nichts gegessen
und getrunken. Essen war nicht das Problem. Auch wenn ich nach dieser
Zeit doch langsam Hunger bekam. Wirklich störend fand ich, nichts
trinken zu dürfen wegen der Blutabnahme. Da es für einen
Allergietest war, bin ich mir nicht mal sicher, ob ich wirklich hätte
nüchtern sein müssen heute Morgen. Die Frau fragte mich, ob es für
den Allergietest ist. Ich sagte ihr ja und fragte, ob es einen
Unterschied macht zu anderen Blutabnahmen. Natürlich, dachte ich
sofort, dumme Frage. Sie bestätigte mir dann auch, dass andere Werte
abgefragt würden.
Dachte kurz daran, nachhause zu fahren
und der Stadt zu schreiben wegen der Taube. Dachte auch daran, die
Taube einzusammeln und zum Park zu bringen, wie zu Silvester schon
die Amsel. Fuhr dann doch direkt in die Stadt. In manchen Momenten
sind andere wohl egal. Die Taube war sowieso tot und ihr nicht mehr
zu helfen. Erst ein wenig Geld holen, dann zum Bäcker. Zwei
Franzbrötchen (Blätterteigschnecken mit Zimt) zu holen und einen
warmen Kakao. Der Bäcker ist in einem Einkaufszentrum mit vielen
Geschäften. Gegen 8:30 Uhr als ich dort war, war ein Ausgang, den
ich nehmen wollte noch zu und viele der Geschäfte noch nicht auf.
Ein Mann war vor mir zu dem Ausgang gegangen und informierte mich,
dass er zu wäre. Also ging ich einen anderen Weg raus und an einer
Baustelle vorbei. Es waren schon Arbeiter am Werk. In einer
Lautstärke, dass ich meinen mp3-Player ausschaltete bis ich halb auf
dem Weg die Rolltreppe runter war. Ich schaute auf meine Zeit-Anzeige
vom mp3-Player: 1 Minute 07 Sekunden. Ich hatte nicht einen einzigen
Ton von „The Sound of Silence“ von Disturbed gehört und das,
obwohl ich die Lautstärke auf die höchste Stufe gestellt hatte.
Soviel zu the sound of silence (der Klang der Stille), dachte ich auf
der Rolltreppe.
Auf der mittleren Ebene war eine junge
Frau vor mir mit einer Jacke an, auf der hinten alles in großen
Buchstaben „DON'T TALK TO ME“ (Sprich nicht mit mir) stand. Ich
widerstand der Versuchung ihr „Tut mir leid.“ zu sagen. Sie wirkte in keiner Weise aggressiv und war freundlich
genug, auf der mittleren Ebene zu bleiben, um eine zu rauchen, im
Gegensatz zu anderen Leuten, die in der Rauch freien Zone unten
rauchen. Nicht meine Art, Fremde anzusprechen.
Rorschach's Journal:
October 12, 1985:
Dog carcass in alley this
morning. Tire tread on burst stomach. The city is afraid of me. I
have seen it's true face. The streets are extended gutters and the
gutters are full of blood and when the drains finally scab over all
the vermin will drown. The accumulated filth of all their sex and
murder will foam up about their waists and and all the whores and
politicians will look up and shout, “Save us!” and I'll
whisper... “No.“
Rorchachs Tagebuch: 12. Oktober
1985:
Heute morgen Hundekadaver in Gasse. Reifenprofil auf aufgeplatztem Bauch. Die Stadt hat Angst vor mir, ich kenne ihr wahres Gesicht. Die Straßen sind Rinnsteine. Und diese Rinnsteine sind voller Blut. Und wenn die Gullies schließlich verstopfen, ersäuft all das Ungeziefer. Der dreckige Morast aus Sex und Mord wird ihnen bis zur Hüfte gehen. Und all die Huren und Politiker werden aufblicken und rufen: „Rette uns!“ Und ich werde flüstern: „Nein.“
Heute morgen Hundekadaver in Gasse. Reifenprofil auf aufgeplatztem Bauch. Die Stadt hat Angst vor mir, ich kenne ihr wahres Gesicht. Die Straßen sind Rinnsteine. Und diese Rinnsteine sind voller Blut. Und wenn die Gullies schließlich verstopfen, ersäuft all das Ungeziefer. Der dreckige Morast aus Sex und Mord wird ihnen bis zur Hüfte gehen. Und all die Huren und Politiker werden aufblicken und rufen: „Rette uns!“ Und ich werde flüstern: „Nein.“
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Dienstag, 15. August 2017
Porno
Das hier ist ein Eintrag, den ich schon
letztes Jahr geschrieben haben wollte, aber nicht geschrieben habe.
Im Januar letztes Jahr kam „The Revenant – Der Rückkehrer“ in
die Kinos mit Leonardo DiCaprio. Ich habe den Film nicht gesehen.
Obwohl der Film auf einer wahren Geschichte basiert, was mich an sich
meistens interessiert, hat mich der Film zu der Zeit nicht
interessiert. Aber ich habe die Diskussion einer Szene bzw. eines
Moments in dem Film mitbekommen. Nämlich eine Szene mit einem Bären
in dessen Zusammenhang von Vergewaltigung geschrieben wurde.
Letztlich scheint es aber auf eine als ungünstig zu bezeichnende
Kameraeinstellung hinaus zu laufen und mehr nicht. Auf englischen
Internetseiten wurde von „porn“ geschrieben. Carole Cadwalladr
schrieb in ihrer Filmbesprechung für den Guardian schon in der
Überschrift „The Revenant is meaningless pain porn“
(https://www.theguardian.com/commentisfree/2016/jan/17/revenant-leonardo-dicaprio-violent-meaningless-glorification-pain).
Ebenso auf deutschen Seiten wurde die gehäufte Gewalt in dem Film
erwähnt. Auch
deutschlandfunkkultur.de
benutzt das Wort „Gewaltporno“. Abgesehen davon, dass ich
inhaltlich von der Geschichte her wenig Interesse hatte, war die
viele Gewalt, zumal wenn sie schon so betont wurde in Rezensionen,
nur ein weiterer Grund für mich, den Film nicht zu sehen. Was mich
stutzig machte jedoch war der Begriff „porn“ oder „Porno“ bei
der ganzen Sache. Nur eine Anspielung auf die Bären-Szene und in
Verbindung mit der vielen Gewalt dann „pain porn“, „Gewaltporno“?
Ich gehöre zu den Leuten, die Mark
Gatiss erst eher spät entdeckt haben durch „Sherlock“. Als ich
irgendwann einmal im Internet nach Bildern von ihm suchte, kam ich
auf eine Seite mit Ansammlungen von Bildern seiner Hände. „Hand
porn“. Ich verstehe, dass jemand beeindruckt, um nicht zu sagen
besessen von einer Person sein kann. Bestimmte Aspekte sprechen mich
unter Umständen bei anderen auch sehr an oder überhaupt nicht. Aber
„hand porn“?
Du meine Güte! Ich habe gerade „food
porn“ bei google eingegeben, um einen bestimmten Artikel wieder zu
finden. Es gibt auf der englischen Wikipedia doch tatsächlich einen
Eintrag dazu! Vorweg mit der Bemerkung: „Not to be confused with
Food andsexuality.“ Die folgende Überschrift im Guardian neulich hatte
mich wieder auf die „Porno“/“Porn“-Sache gebracht, nämlich
„Unicorn lollies and six million avocados: our insatiable appetite
for Instafood“.
(https://www.theguardian.com/artanddesign/2017/aug/01/all-food-fit-to-instagram-have-we-reached-peak-food-porn-photography)
Ein Foto der „Einhornlollies“ ist in dem Artikel nicht zu finden,
aber es geht um Essen und neuerdings scheint in dem Zusammenhang das
Wort „porn(o)“ nicht weit. So auch in dem Artikel. Ich versteh es
nicht so wirklich. Vielleicht bin ich auch einfach nur naiv und
ahnungslos. Immerhin gehöre ich zu den wenigen Leuten, die kein
Konto bei Facebook haben und ich bin auch nicht auf Instagram oder
Twitter oder einer dieser anderen Seiten, wo alles mögliche geteilt
wird. Kann mich jemand bitte mal aufklären.
Vielleicht denke ich zu negativ oder
so. Ich weiß es nicht. Aber im Bezug auf Sex habe ich ein paar
Dokumentationen gesehen. Eine handelte von jungen Menschen, die eine
krankhaft gestörte Sexualität ausleben. Nicht kriminell, aber auch
nicht normal. Ich erinnere mich in dem Zusammenhang an einen jungen
Mann, der während einer Autofahrt eine junge Frau sah und dann
anhalten musste, das Filmteam kurz verließ, auf die Toilette ging
und kurz darauf wieder kam und ich glaube, er entschuldigte sich auch
beim Filmteam. Es wäre nötig gewesen in dem Moment. Ihm war dabei
sehr bewusst, dass es kein normales Verhalten war und ich glaube, es
tat ihm leid. Er tat mir leid. In einer anderen Sendung ging es um
Jugendliche, Sexualität und Pornos. Durch das Internet haben Kinder
und Jugendliche einfach und unbemerkt von anderen Zugriff auf Pornos
und „Sexfilme“. Solche Filme, so erzählten die Jugendlichen
offen, würden auch mit anderen geteilt werden. Einer in dem Film
machte die Bemerkung, dass das Rasieren z. B. der Beine der Frauen
und auch jungen Mädchen aus dem Pornobereich kommt. Für eine gute
Sicht wird für solche Filmen rasiert. Das war etwas, was ich so
bisher nicht gesehen habe. Bestimmt ist das kein Gedanke, der den
meisten Frauen kommt, die sich heute rasieren.
Ich wurde damals in der Schulzeit von
einem Fahrdienst von zuhause abgeholt und von der Schule wieder
nachhause gefahren. Ich erinnere mich, dass als ich in den letzten
Klassen-Stufen war, die Fahrer und Jungen, die mitfuhren, sich über
Frauen und jungen Mädchen unterhielten, die sie auf der Straße auf
der Fahrt sahen. Begriffe wie „Schlampe“ fielen dabei. Nicht
ständig, nicht mal unbedingt wöchentlich. Aber ungeachtet der
Tatsache, dass ich als junge Frau mitfuhr, wurde der Begriff frei
genutzt. Im Englischen ist der Begriff „bitch“ ebenso freizügig
benutzt für eine bestimmte Art Frauen oder auch Mädchen. Auf der
anderen Seite dann immer wieder auch Diskussionen darum, ob Opfer von
Vergewaltigungen diese Tat durch ihr Verhalten oder ihre Kleidung
provoziert haben könnten.
Was heißt das alles für unsere
Gesellschaft und ihre Entwicklung? Der Begriff „Sexualisierung“
kommt mir in den Kopf. Weiter komme ich allerdings nicht in meinen
Gedanken. Ich versteh es nicht. Kann die Begegnung mit einem Bären
nicht einfach die Begegnung mit einem Bären sein? Können Hände und
Essen nicht einfach Hände und Essen sein? Ich glaube, mir gefällt
diese Entwicklung nicht. Vielleicht, nur weil ich es nicht verstehe.
Vielleicht weil es mir wirklich nicht gefällt.
Kommentare mehr als willkommen. Ich
denke, ich bin offen und würde gerne mehr verstehen.
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