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Mittwoch, 29. April 2020

M&M: Ein verborgenes Leben

Vor einiger Zeit schaute ich zum ersten Mal "Ein verborgenes Leben" (A Hidden Life) von 2019. Er war auf meiner imdb.com Liste von Filmen, die ich sehen wollte und erzählt die Geschichte von dem Bauern Franz Jägerstätter aus dem kleinen Dorf St. Radegund in Österreich, der sich im zweiten Weltkrieg weigert für die Nazis zu kämpfen. Franz Jägerstätter lebte wirklich. Das war einer der Gründe, warum ich mich entschloss, diesen Film zu sehen. Normalerweise bin ich mittlerweile bei „Nazi-Filmen“ oder Filmen, die in der Zeit spielen skeptisch gegenüber eingestellt und vermeide sie. Es sei anzumerken, dass der Film fast 3 Stunden lang ist. Einer der Gründe wiederum, warum ich gezögert hatte, ihn anzuschauen.

Franz Jägerstätter wird, meiner Meinung nach, überzeugend gespielt von August Diehl. Die Rolle seiner Frau Fani Jägerstätter übernahm Valerie Pachner und war meiner Ansicht nach ebenso gut besetzt. Von den anderen Schauspielern kannte ich niemanden sonst, außer den Pfarrer Fürthauer, der von Tobias Moretti gespielt wird. Jägerstätter wird zwar einmal einberufen für die Nazis zu kämpfen, aber dann doch wieder freigestellt und darf zurück nach Hause zu seiner Frau und den drei Töchtern. Als er ein weiteres Mal einberufen wird, spricht er mit Pfarrer Fürthauer, merkt aber schnell, dass von ihm keine Unterstützung kommen würde, um den Kriegsdienst zu verweigern. Er muss also in den Krieg ziehen. Als er sich weigert, einen Eid auf Hitler zu schwören, wird er verhaftet. Fani und Pfarrer Fürthauer sowie andere versuchen ihn zu überreden, dass er doch nur auf Hitler schwören muss. Was er wirklich fühlt und denkt, wäre den Nazis egal und sein Tod aufgrund der Kriegsdienstverweigerung ohne wesentliche Konsequenzen und damit unnötig. Es wird ihm angeboten, dass er zumindest Sanitätsdienst leisten könnte, statt als Soldat zu kämpfen. All dies lehnt er ab. So wichtig ist ihm, ehrlich und offen seine Ansichten zu verteidigen. Anfangs unterstützt, erleben mehr und mehr auch seine Frau und selbst seine Kinder Ablehnung aus dem Dorf und werden zu Außenseitern, die sich ohne Ehemann und Vater durchschlagen und den Hof weiter versorgen müssen. Im August 1943 wird Franz Jägerstätter letztlich hingerichtet.

Der Film zeigt zunächst das ruhige und friedliche Familienleben. Obwohl in der Zeit des Krieges spielend und außerdem ein ungewöhnlich langer Film, sieht der Zuschauer zu keinem Zeitpunkt, wie ein Schuss abgefeuert wird. Im Internet las ich Kritiken über Fani, die ihren Mann deutlicher hätte überreden sollen zu tun was nötig wäre, um weiter zu leben. Ich hatte im Film durchaus das Gefühl, dass sie versuchte, ihn zu bewegen am Leben zu bleiben. Seine Einstellung und diese auch offen nach außen hin zu zeigen und zu verteidigen waren ihm wichtiger als sein eigenes Leben.

In meiner Schulzeit war unser Religionslehrer begeistert von Dietrich Bonhoeffer, der ebenfalls den Nazis Widerstand leistete und letztlich dafür mit seinem Leben bezahlen musste. Dietrich Bonhoeffer war evangelischer Pfarrer, daher verwundert es vermutlich nicht, dass mein Religionslehrer ihn mochte. Ich fand es jedoch persönlich beeindruckender, wie der einfache Bauer Jägerstätter seine Meinung fest vertrat und sich nicht einmal zum Schein überreden ließ, Dinge zu tun, die er absolut nicht machen wollte. Ich möchte Bonhoeffer nicht schlechtreden oder klein machen. Ich glaube jedoch, dass für jemanden wie einen Pfarrer der Glaube an Gott und damit entsprechend seinem Willen zu handeln, letztlich eine relativ logische Entscheidung ist. Die Entscheidung des Bauern Jägerstätter, seine Frau und drei kleinen Töchter für seinen eigene Meinung aufzugeben, finde ich einen doch beeindruckenderen Schritt.

Es ist für Außenstehende nach dieser schrecklichen Zeit immer einfacher zu sagen „Ich hätte mich auch geweigert“ oder „Ich wäre auch einer der Guten gewesen“. Es ist einfach für uns gesagt, wo unser Leben hier und jetzt nicht bedroht ist. Ich glaube, wer diese oder ähnliche Aussagen leichtfertig macht, hat keine wirkliche Vorstellung von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung und dem Druck, der in der Zeit auf Personen lastete.

Der Film ist lang und lässt sich Zeit. Dies erscheint mir jedoch passend für die Darstellung des Landlebens im Gegensatz zum hektischeren Stadtleben und auch später der Zeit im Gefängnis, wo letztlich nicht viel passiert. Obwohl ich mir der ungewöhnlichen Länge des Filmes von Anfang an bewusst war, kam mir beim Film schauen nie der Eindruck von Langeweile oder Langatmigkeit. Irgendwo wäre mit Sicherheit ein fast dreistündiger Film zu kürzen gewesen. Ich wüsste nicht, wo oder wie ich ihn gekürzt hätte. Vor dem Film kannte ich Jägerstätter nicht. Nun war er auch Österreicher und wir haben in der Schule Personen, insbesondere Widerstandskämpfer, anderer Länder aus der Zeit nicht kennengelernt. Den Trivia-Kommentaren von imdb.com zu dem Film, schien Jägerstätter unabhängig davon außerhalb von St. Radegund lange Zeit unbekannt und sein Schicksal zufällig wieder gefunden worden zu sein. Erst als der Amerikaner Gordon Zahn in den 1970er Jahren nach St. Radegund kam, wurde Jägerstätters Geschichte bekannter. Mittlerweile gibt es mehrere Filme über ihn.

Sonntag, 27. Januar 2019

M&M: Stand and Deliver


Dieser Film aus dem Jahr 1988 basiert auf dem wahren Leben des Mathematiklehrers Jaime Escalante. Jammert nicht sofort, ohne euch den Film erst angesehen zu haben. Dieser Film kam raus, bevor einige der, traurigerweise bekannteren, „wahres Leben Lehrer Geschichten“ erschienen. Übrigens wird der echte Jaime Escalante auf imdb zitiert gesagt zu haben, dass der Film „90% Wahrheit und 10% Drama“ wäre, was meiner Meinung nach ziemlich gut ist.

Jaime Escalante was ein wirklich strenger Lehrer. Musste er sein, da er eine Klasse Jugendlicher hispanischer Immigranten unterrichtete. Er wird gespielt von Edward James Olmos. Einige von euch dürften ihn aus Battlestar Galactica als William „Bill“Adama kennen. Olmos hat eine Oscar-Nominierung erhalten für seine Rolle als Escalante. Der Film konzentriert sich hauptsächlich auf den Mathematikunterricht. Aber wir sehen auch kurze Einblicke in Escalantes Privatleben. Er hat einen Sohn, der von Olmos' echtem Sohn gespielt wird, Bodie Olmos.

Escalante muss den Jugendlichen Mathematik beibringen und ist wirklich mit Leidenschaft dabei, was sicherlich den Jugendlichen hilft, Interesse zu bekommen und im Unterricht zu aufzupassen. Er ist ehrlich zu den Schülern und sagt ihnen das zwei Punkte gegen sie sprechen: ihr Name und ihre Hautfarbe. Das wird die Welt annehmen lassen, dass sie wenige wissen als sie tun. Ihre Chefs auf der Arbeit werden sich nicht um ihre Probleme kümmern, also würde er es auch nicht. Er hilft letztlich trotzdem einer Schülerin, als er herausfindet, dass ihre Eltern sie von der Schule genommen haben und spricht mit dem Vater. Natürlich hat die Klasse auch einen Unruhestifter. Escalante nennt ihn „Finger Man“ aus offensichtlichen Gründen. Ich mag die Art, wie Escalante auf ihn reagiert, indem er ihm ein bisschen coole Mathematik mit seinen Fingern zeigt. Basierend auf den Youtube Kommentaren bin ich nicht die einzige Person, die sich wünschte, dass meine Lehrerin mir diesen Trick beigebracht hätte. Ihr werdet wissen, was ich meine, wenn ihr den Film anseht und zu dieser Szene kommt.

Die Schüler werden gut genug, dass sie in ihrem Abschlussjahr den AP Calculus machen können. Escalante unterrichtet die Schüler dafür im Sommer Stunden in fortgeschrittener Mathematik als Vorbereitung darauf. Die anderen Lehrer werden zynisch Escalante gegenüber. Sie glauben nicht, dass die Schüler fähig dazu sind. Aber Escalante und die Schüler zeigen ihnen, dass sie falsch liegen. Sie machen den Test und bestehen ihn auch. Allerdings zweifelt der Educational Testing Service die Ergebnisse an. Sie beschuldigen die Schüler betrogen zu habe, da mehrere Schüler die gleichen Fehler haben. Escalante glaubt, dass Rassismus dahinter steckt. In einer kurzen Szene, wo sie versuchen einige Schüler zu befragen, wird einer von ihnen vermeintlich weich und hat genau die richtigen Antworten. Übrigens ist unter den Leuten, die sie befragen ist ein recht junger Andy Garcia als Dr. Ramirez. Ihr könnt sehen, dass er deutlich darum kämpft, nicht mit den Studenten mit zu lachen, aber er zeigt immerhin ein kurzes Lächeln, bevor er mit seinen Kollegen weggeht. Escalante schlägt vor, dass die Schüler den Test wiederholen. Ihnen wird der Wunsch gewährt mit nur einem Tag Vorbereitungszeit dafür.

Wie haben sie beim zweiten Mal im Test abgeschnitten? Seht es selbst. Wirklich, schaut euch den Film an. Ich weiß, er ist alt, aber er hat einige großartige Szenen. Meiner Meinung nach sehr sehenswert.

Donnerstag, 31. Mai 2018

M&M: Murder In The First - Lebenslang in Alcatraz

Der Film ist aus dem Jahr 1995 und basiert auf wahren Begebenheiten. Wie wahr diese Begebenheiten sind, dazu später mehr.

Die Handlung beginnt 1938. Erzählt wird die Geschichte von Henri Young (toll gespielt von Kevin Bacon), der als Krimineller in Alcatraz, dem berühmten Gefängnis auf der kleinen Insel vor San Francisco, einsitzt. Die ersten 20 Minuten des Films sind nicht unbedingt schön anzusehen. Denn Young ist nach einem Fluchtversuch mit anderen Strafgefangenen in Einzelhaft und wird echt mies behandelt, um nicht zu sagen gefoltert. Nach mehreren Jahren in Einzelhaft kommt er schließlich wieder zu den anderen Gefangenen. Zum Mittagessen stößt er auf einen anderen Gefangenen, Rufus 'Ray' McCain (David Michael Sterling), der ursprünglich mit Young den Fluchtversuch gemacht hatte. Young stürzt sich mit einem Löffel auf McCain und bringt diesen letztlich um, was prompt zu einer erneuten Isolationshaft führt.

Der junge Anwalt James Stamphill (Christian Slater) soll Young im Gerichtsverfahren an dem Mord an McCain vertreten. Aus seiner Sicht wird die Geschichte letztlich auch erzählt. Der Fall scheint zunächst klar und nichts besonderes zu sein. Doch Stamphill braucht eine Weile, bis er Zugang zu Young findet und dieser überhaupt auch nur ein Wort mit ihm spricht. Die Dialoge zwischen den beiden, insbesondere als Young in den Zeugenstand gerufen wird und gegen seinen ausdrücklichen Wunsch, Fragen beantworten muss, sind ein tolle Dialoge mit viel Witz und Humor, der mich persönlich sehr angesprochen hat. Ein wunderbares Zusammenspiel von Kevin Bacon und Christian Slater.

Nachdem Henri Young über Jahre in Einzelhaft war und dadurch kaum von Resozialisierung zu sprechen ist, muss sich am Ende nicht nur Henri Young vor Gericht erklären, sondern auch die Wärter und vor allem die Gefängnisleitung müssen ihr Verhalten rechtfertigen.

Im Film wird Henri Young als fast Unschuldiger dargestellt, der erwischt wurde, wie er 5 Dollar klaute, um für sich und seine Schwester zu sorgen und ansonsten, bis zum Mord an dem Mitgefangenen, nicht weiter kriminell war. Die Realität sieht etwas anders aus.

Henri Young gab es wirklich. Ebenso den Mitgefangenen Rufus McCain. Gemeinsam mit noch anderen, versuchten sie aus dem Gefängnis zu fliehen. Soviel ist wahr.(Laut wikipedia jedoch erst 1 Jahr später als im Film, nämlich 1939.) Allerdings war Henri Young bei weitem nicht so unschuldig. Schon bevor er nach Alcatraz kam, war der „echte“ Henri Young ein verurteilter Bankräuber, der sogar bekannt dafür war aggressiv Geiseln zu nehmen. Von nur mal 5 Dollar klauen, um sich und seine Schwester zu versorgen und dabei erwischt zu werden, kann also bei Weitem nicht die Rede sein.

Die Argumentation im Film, dass nicht Henri Young selbst Schuld am Mord an McCain ist, sondern die Haftbedingungen und lange Isolation, war wirklich die Argumentation der Verteidigung. Ohne das Ende der Gerichtsverhandlung im Film vorwegzunehmen, möchte ich dennoch soviel sagen, dass Henri Youngs Leben nicht so endete, wie es Stamphill (Christian Slater) erzählt. Die Wahrheit ist, dass Henri Young 1948 in ein anderes Gefängnis verlegt wurde. Für 1972 heißt es in Henri Youngs wikipedia-Eintrag er „jumped parole“. Das heißt, er hatte Freigang mit gewissen Auflagen. Von diesem Freigang kam er allerdings nicht zurück und sein Aufenthaltsort wird bis heute seither als „unknown“ (unbekannt) aufgeführt. Am 11. Juni 1911 geboren, wäre Henri Young, sollte er heute noch am Leben sein, somit über 100 Jahre alt.

Der Film ist wirklich gut und sehenswert. Auch wenn, wie oben erwähnt, die ersten 20 Minuten nicht angenehm anzusehen sind. Es ist zu erwarten, dass ein Film „nach einer wahren Begebenheit“ oft doch frei erzählt ist. Die deutlichen Abweichungen hier finde ich dennoch sehr frustrierend. Zumal am Ende noch etwas erzählt wird, was absolut nicht den Tatsachen entspricht, nämlich dass angeblich Henri Young mit dafür gesorgt hat, dass Alcatraz geschlossen wurde. Die Wahrheit ist, dass Alcatraz 1963 geschlossen wurde, also gut 20 Jahre nachdem Henri Young sich dort aufgehalten hat. Außerdem wurde Alcatraz nicht aufgrund von zweifelhaften Haftbedingungen und/oder letztlich nicht mehr erlaubter, zu langer Isolationshaft. Es gibt diverse Dokumentationen über Isolationshaft und Einzelhaft aus dem Jahr 2000 und später. Obwohl solche Haftbedingungen noch immer genau so zweifelhaft sind, wie im Film bereits dargestellt. Falsch ist übrigens auch im Film dargestellt und mehrmals betont, dass die Aufgabe von Alcatraz die Resozialisierung war. Im deutschen wikipedia-Artikel über Alcatraz unter Gefängnisaufenthalt findet sich allerdings folgender Hinweis:

„Alcatraz hatte zwei Aufgaben:
  1. Übernahme von Unruhestiftern aus anderen Gefängnissen, um Flucht, Gewalt und Selbstmordversuche zu verhindern.
  2. Übernahme von Häftlingen, um sie gebessert wieder in ein anderes Gefängnis zu schicken. Von Resozialisierung war nie die Rede.“ (Hervorhebungen von mir.)
Der Grund für die Schließung von Alcatraz war, unter anderem, übrigens dass das Meersalz das Gebäude zu sehr angegriffen hat über die Jahre und die Instandhaltung schlicht zu teuer und aufwändig wurde. Der Grund war überhaupt nicht die Art der Gefängnisführung.

Bei diesem grundsätzlich guten Film finde ich es schade, wie sehr die Tatsachen verdreht wurden, sowohl was das Leben von Henri Young angeht, aber auch die Geschichte von Alcatraz. Ich persönlich hätte den Hinweis auf das spurlose Verschwinden von Henri Young besser gefunden, vor allem weil es eher den Tatsachen entspricht und meiner Meinung nach positiver für Henri Young, auch im Film, gewesen wäre. Vielleicht war es den Verantwortlichen nicht heldenhaft genug. Aber ein Held war der echte Henri Young sowieso von Anfang an nicht.

Dienstag, 30. Juni 2015

M&M: Flying Scotsman - Allein zum Ziel

Liebe Leserinnen und Leser,

gestern hatte ich noch den Gedanken: Welchen Film bespreche ich nur morgen?!

Dann sah ich mir, völlig unabhängig davon, einfach nur weil ich Jonny Lee Miller in „Elementary“ mag und ihn auch mal in anderen Rollen sehen wollte „Flying Scotsmann – Allein zum Ziel“ an. Zugegeben, „Trainspotting“ und „Hackers“, wo er ebenfalls mitspielt, kannte ich schon. Er ist mir also nicht nur aus „Elementary“ bekannt.

Flying Scotsman. Ein fliegender Schotten? Oh nein, ich hab keine Lust auf Fantasy in der Art heute Abend. Okay, schauen wir doch mal, worum es in dem Film geht. Aha! Basierend auf der waren Geschichte des Schotten, Graeme Obree (Jonny Lee Miller), der total begeisterter Radfahrer ist und einen neuen Weltrekord aufstellt – mit einem selbst gebasteltem Fahrrad! Ein Fahrrad, das unter anderem aus Teilen einer Waschmaschine. Klingt ja doch recht interessant. Die Sache hat allerdings auch eine dunkle Seite: nämlich die, dass Graeme immer wieder auch an Depressionen leidet und Suizidversuche begangen hat.

Graeme ist im Film verheiratet mit Anne (Laura Fraser) und die beiden haben ein Kind. Im „echten“ Leben sind die beiden mittlerweile geschieden und hat sich 2011 außerdem als schwul „geoutet“, wie auch der Guardian berichtete: http://www.theguardian.com/sport/2011/feb/02/graeme-obree-cycling

Als Kind ein Außenseiter und schikaniert von anderen Jungen, schenkten die Eltern Graeme an einem Weihnachten ein Fahrrad. Dieses nutzt er anfangs, um seinen Peinigern zu entkommen, doch auch später bleibt es für ihn ein beliebtes Fortbewegungsmittel. Als er seinen Fahrradladen aufgeben muss, wundert es daher nicht besonders, dass sein nächster Job der des Fahrradkuriers ist. Dort lernt er einen weiteren Kurier kennen, Malky (Billy Boyd), der genau so fahrradbegeistert ist, wie er selbst. Als Graeme den neuen Weltrekord aufstellen will, heuert er Malky als Manager an. Da er sein Fahrrad selbst gebaut hat und Sponsoren von teuren Profi-Rädern nun um ihre Einnahmen fürchten, setzt der Weltradsportverband so einiges daran, Graeme zu disqualifizieren und ihm das Leben schwer zu machen. Doch Graeme ist kreativ und ehrgeizig genug, ihnen so einiges entgegen zu setzen.

Der Film verzichtet auf groß ausgeschmückte Erzählungen und Klischees und zeigt die Begeisterung Graeme Obrees für das Radfahren und seinen Ehrgeiz. Daher für jeden, der gerne Fahrrad fährt, sicher ein lohnenswerter Film. Schade ist, dass der Film recht gut anfängt, aber später scheinbar nur so durch Graeme Obrees Leben rast. Die Kindheit und Anfänge mit Malky sind teils sehr humorvoll umgesetzt. Dann sitzt er mal am Hafen, mal zuhause, ohne etwas zu machen. Scheinbar depressive Phasen. (Heute ist er als bipolar bzw. manisch-depressiv diagnostiziert.) Doch dann schafft er es wieder aufs Fahrrad und dann ist der Film zu Ende. Ein wenig schade für einen Film, der doch so gut anfängt. Besonders hervorzuheben für diejenigen, die es wagen, den Film im Originalton anzusehen, ist der überzeugende schottische Akzent von Jonny Lee Miller. Geboren ist Jonny Lee Miller nämlich in Kingston upon Thames, England, mit einem daher ganz anderen Akzent.

Flying Scotsman ist für mich ein Film, der trotz der Schwächen zum Ende hin, lohnenswert ist, vor allem für Fahrrad-Fans (und Fans des schottischen Akzents). Durchaus sehenswert und vielleicht ja auch motivierend für die Zuschauer, sich mal wieder öfters auf eigene Fahrrad zu schwingen. Wir müssen ja nicht gleich Weltrekorde aufstellen. Frohes Fahren!

Bis zum nächsten Blog,
sarah


Dienstag, 30. September 2014

M&M: Patch Adams

Liebe Leserinnen und Leser,

der elfte August diesen Jahres war ein seltsamer Tag für mich und sicher auch für eine Freundin von mir (du weißt, wer du bist). Am Abend zuvor hatten wir uns nämlich noch über Komödien und Schauspieler unterhalten. Wir stellten fest, dass wir beide Adam Sandler gut finden und auch Robin Williams mögen. Ich dachte mir noch, dass ich länger nichts mehr bewusst von ihm gehört hatte die letzten Jahre. Aber ich war zu müde, um noch nachzuschauen. Ich ging schlafen und las am nächsten Morgen mit Schrecken und völliger Überraschung meine tägliche Mail vom Guardian Zeitung mit neuesten Berichten. Robin Williams war tot. Als ich dann online ging mit meinen Chatprogrammen online ging, las ich, dass auch meine Freundin diese traurige Nachricht bereits gelesen hatte.

Insofern, wenn auch mit Verspätung, dieser M&M heute in Erinnerung an Robin Williams. Philip Seymour Hoffman ist ein Schauspieler, der für die meisten Deutschsprachigen zumindest, wahrscheinlich wenig bis gar nicht bekannt ist. Er spielt in "Patch Adams" einen Studienkollegen und Zimmerkollege von Patch Adams. Philip Seymour Hoffman starb dieses Jahr (am zweiten Februar) und auch ihm sei dieser Eintrag gewidmet.

Patch Adams ist ein Film aus dem Jahr 1998 und erzählt die wahre (wie immer in Filmen auch aus dramaturgischen Gründen nicht ganz wahre) Geschichte von Hunter "Patch" Adams. Okay, ich weiß fast nichts über den echten Patch Adams und viele (online) Kritiken über den Film sind eher negativ. Da ich nur sehr wenig über den "echten" Patch Adams weiß und das hier ohnehin eine Filmbesprechung sein soll, werde ich mich im Folgenden nur auf den Film beziehen.

Hunter Adams ist suizidgefährdet und weißt sich freiwillig in eine Klinik ein. Dort ist ein anderer Mann mit auf seinem Zimmer, der ihn durch ein quietschendes Bett wach hält nachts, weil er zwar auf die Toilette muss, aber sich wegen Eichhörnchen, die er sieht und vor denen er Angst hat, nicht traut. Adams fängt daraufhin an, die Eichhörnchen zu erschießen (mit seiner zur Pistole geformten Hand). Nach einer wilden Eichhörnchen Schießerei, kann der Zimmerkollege endlich auf die Toilette gehen. Adams ist so beeindruckt, einem anderen Menschen mit Humor geholfen zu haben, dass er beschließt, Medizin zu studieren und mehr helfen zu können.

Im Studium merkt Adams dann, dass er nicht viel lernen muss. Tatsächlich sehen wir ihn nie in Bücher vertieft. (Wie weit das den Tatsachen entspricht, weiß ich nicht. Wobei es ja Glückspilze gibt, die wirklich nicht tun müssen, um zu lernen und sich Dinge zu merken.) Noch etwas fällt Adams auf: die Ärzte wirken oft sachlich und ernst und distanziert zu den Patienten. Einmal wird im Krankenhaus eine Patientin besprochen, die umringt von diesen Studenten und dem Arzt im Bett liegt. Ihre Krankheit (Diabetes mit reduzierter Durchblutung und Neuropathie unter anderem) wird besprochen, Therapiemaßnahmen (zum Schock der Patientin "vielleicht Amputation"). Dann platzt Adams heraus: "Wie heißt sie?" Alle starren ihn an. "Ich wollte nur wissen, ob die Patientin auch einen Namen hat", sagt er. Der Arzt muss erst auf das Krankenblatt schauen. "Marjorie." "Hi Marjorie", grüßt Adams schließlich als Einziger und lächelnd die Patientin selbst an.

Im Verlauf schließt er auch Freundschaften mit Patienten und kann ihnen mehr oder weniger große Freuden machen und Wünsche erfüllen. Manche finden es "ein bisschen verstörend" (a little disturbing), dass er sich ein einen Raum voll Kinder (die Kinderkrankenstation) schleicht und einen auf Clown macht. Sicher war er exzentrisch in dieser Szene. Sicher würde ich persönlich nicht dermaßen aus mir raus gehen können. Einfach, weil ich zu schüchtern und introvertiert bin für so etwas. Aber verstörend? Weil er ein Mann ist unter Kindern? Er ist kein Kinderschänder! Er wollte die Kinder zum Lachen bringen und sie haben sich gefreut! Was ist so falsch daran?

Wie so viele Hollywood Filme, kommt auch dieser nicht ohne Liebesgeschichte aus. Patch Adams freundet sich mit einer Studentin an. Anfangs will sie nur studieren und keine Freundschaften knüpfen, sagt ihm das auch. Manche sagen, Patch Adams wäre schlicht penetrant und rücksichtslos und zwingt allen seinen Willen und Fröhlichkeit auf. Diese Dinge las ich gerade, als ich im imdb.com Patch Adams Forum Kommentare gelesen habe. Ich kann nur sagen, dass ich den Film und gewisse Szenen so bisher nicht gesehen habe. Jedenfalls gerät seine Freundin im Verlauf des Films an einen psychisch gestörten Patienten, was Patch Adams kurzzeitig in eine Glaubens- und Lebenskrise stürzt. (Was ich so gelesen habe, soll diese Studentin/Freundin gar nicht existiert haben. Könnte man jetzt diskutieren, was das dann im Film soll.) Kontakt zu diesem Patienten bekommt sie, als sie Patch Adams mit anderen Hilft, eine kostenloses Krankenhaus aufzubauen, noch während sie studieren. Adams ist nämlich entsetzt, als er sehen muss, dass verzweifelte Angehörige gebeten werden erstmal alle möglichen Formulare auszufüllen und Angaben zu machen, während die Kranken deutlich leiden und direkte Hilfe benötigen würden.

Die Tatsache, dass Patch Adams ständig fröhlich ist, scheinbar nie lernt und trotzdem die besten Noten hat und dann auch noch ohne Doktortitel Medizin praktiziert, führt dazu, dass ihm gedroht wird, das Studium nicht beenden zu können. Es geht also vor Gericht und der Kampf dort füllt die letzten etwa 15 Minuten des Films.

Wie bereits geschrieben, ich weiß nicht viel über das Leben und Wirken des echten Patch Adams. Es ist vielleicht auch fragwürdig, warum Patch Adams diese Freundin bekommt, die dann erlebt, was im Film dargestellt wird. Keine Ahnung, wie exzentrisch der echte Patch Adams ist oder nicht und ob Robin Williams' Darstellung realistisch ist oder nicht. Manche Kritiker fragen provokant, ob man sich ernsthaft von einem Arzt untersuchen lassen wollen würde, der eine rote Clown-Nase trägt. Diesen Menschen möchte ich eine Sache erzählen. Vor einigen Jahren nämlich war ein heißer Sommer und ich war bei einer Ärztin. Es war so heiß, dass die meisten Mädchen und Frauen eher kurze T-Shirts oder ärmellose Tops trugen. Als die Ärztin ins Zimmer kam, trug sie keinen Kittel. Sie fragte mich, ob das in Ordnung wäre. Ich weiß nicht mehr, was ich ihr geantwortet habe. Irgendwas bestätigendes sicher. Heute und im Nachhinein hätte ich sie vielleicht gefragt, ob ihr Wissen im Kittel oder im Kopf wäre und abhängig davon auf Kittel bestanden oder nicht.

Geschmäcker sind verschieden. Niemand muss den Film "Patch Adams" mögen oder ansehen. Einige Gedanken des Filmes finde ich trotzdem wichtig: freundlich zu den Patienten zu sein, sie ab und an einmal zu fragen, wie es ihnen geht oder was sie sich wünschen, statt quasi von "Frau Beinbruch" und "Herr Krebs im Endstadium" in deren Anwesenheit über sie zu reden. Gerade das amerikanische Gesundheitssystem ist mehr als verbesserungswürdig. Die Idee einer kostenlosen Klinik ist daher lobens- und unterstützenswert. Für Fans von Robin Williams, die Patch Adams bzw. sein Werk und Wirken nicht kannten, hat er ihnen zumindest dies näher gebracht und das finde ich eine gute Sache.

Bis zum nächsten Blog,
sarah