Freitag, 16. Mai 2014

Nur ein Job

Liebe Leserinnen und Leser,

ich schreibe das Folgende als Filmliebhaberin und trotzdem in dem Glauben, dass es stimmt. Nämlich dass für die Schauspieler, so sehr wir die Schauspieler mögen oder ihre Rolle oder den Film: für sie ist es nur ein Job. Ich habe von mehreren Schauspielern gelesen, dass sie auf der Straße von Fans angesprochen werden, indem die Fans irgendwelche für die Fans besonderen Stichworte gegeben haben von Rollen, die sie mal gespielt haben. Uns Fans ist dabei nicht bewusst, dass die Schauspieler nur ihre Texte lernen, filmen und dann zur nächsten Rolle, zum nächsten Text übergehen. Tatsächlich gibt es so einige Schauspieler, die aus Prinzip Filme, in denen sie mitspielen, gar nicht ansehen. Sie haben die Filme nicht x-mal gesehen wie wir. Irgendjemand sagte mal, dass manche Fans die Texte besser wüsste als der Schauspieler selbst.

Aus diversen Interviews mit Benedict Cumberbatch weiß ich, dass ihm die Rolle als Sherlock Holmes viel Spaß macht. Vor allem fordert ihn die Schlussfolgerungen zu lernen und so schnell zu sprechen, wie er sie spricht. Ein falsches Wort oder eine falsche Betonung, und die ganze Schlussfolgerung ist vermasselt. Und doch ist es nur ein Job. Benedict Cumberbatch ist nicht Sherlock Holmes. Benedict Cumberbatch ist Benedict Cumberbatch.

Vor Jahren las ich, dass Robbie Coltrane, der in den Harry Potter Filmen Hagrid spielt, in einem Interview sinngemäß gesagt hat, wenn das Geld stimmt, würde er alles spielen. Der Hagrid-Schauspieler würde für das richtige Geld alles spielen?! Und so jemand spielt einen von Harry Potters besten Freunden?! Was für ein bescheuerter Schauspieler für so eine Rolle! Und doch ist es nur ein Job. Robbie Coltrane ist nicht Hagrid. Robbie Coltrane ist Robbie Coltrane.

In dem Film "Im Vorhof der Hölle" (State of Grace) spielt Gary Oldman den jüngeren Bruder von Ed Harris. Wie wahrscheinlich viele Gary Oldman Fans auch habe ich die Szene verflucht, in der Ed Harris im Film Gary Oldman erschossen hat und dieser letztlich stirbt. Gary Oldmans Figur war irgendwie liebenswert und hat es nicht verdient auf diese Weise zu sterben. Ich brauchte ein paar Wochen mich zu beruhigen und nicht wütend auf Ed Harris zu sein. Ja, ich war wütend auf Ed Harris. Ich respektiere ihn als Schauspieler und fand es blöd, dass gerade er in einer Rolle einen anderen Schauspieler, den ich mag so umgebracht hat. Dabei hat er nur eine Rolle gespielt und vor allem nur nach einem Drehbuch. Ich kam nicht auf den Gedanken, auf den Drehbuchautor sauer zu sein. Nein. Statt dessen weigerte ich mich über Wochen Filme zu sehen, in denen Ed Harris mitspielte. Und doch ist es nur ein Job. Ed Harris ist nicht Frankie Flannery. Ed Harris ist Ed Harris.

Matt Smith. Der 11. Doctor. Mein Doctor. David Tennant war zwar derjenige, mit dem ich angefangen habe "Doctor Who" zu sehen und später, wenn auch völlig durcheinander Christopher Eccleston, bestimmt irgendwann noch die ganz frühen. Trotzdem ist Matt Smith irgendwie mein Doctor. Er ist nur ein Jahr älter als ich. Der erste Schauspieler, den ich mag, der in etwa meinem Alter entspricht. Für ihn als Schauspieler verstehe ich absolut, dass er gehen wollte. Gerade "Doctor Who" lebt von Veränderung. Den Doctor zu spielen erfordert viel Zeit nur für diese Serie und nicht all zu viel drumherum. Es wird mir eine Freude sein ihn in weiteren, neuen Filmen zu sehen. Doch letztes Weihnachten konnte ich nicht anders und immer wieder daran zu denken, dass der Doctor sich nun regenerieren würde. Mich tröstete ein bisschen, dass Matt Smith selbst die letzte Folge schon Monate vorher abgedreht hatte. Für ihn war es schon längst vorbei. Außerdem regeneriert der Doctor zu einem guten Schauspieler, den ich sehr mag! Und doch: so sehr ich Peter Capaldi mag, er ist wieder ein Schauspieler, der viel älter ist als ich. Er könnte mein Vater sein! Er ist absolut passend für die Rolle. Nach Matt Smith, der der jüngste Doctor überhaupt war, ist es die richtige Entscheidung, einen deutlich älteren Schauspieler zu nehmen. Zumal Peter Capaldi selbst ein großer Fan ist. Das alles tröstet nur mittelmäßig darüber hinweg, dass mein Doctor nicht mehr ist. Und doch ist es nur ein Job. Matt Smith ist nicht der Doctor. Matt Smith ist Matt Smith.

Christopher Eccleston hat nur eine Staffel den Doctor gespielt. Er wollte nicht typisiert werden und nur noch als der Doctor gesehen werden mit Rollenangeboten ähnlich dem Doctor. Ich kenne ihn zu wenig und kann schlecht einschätzen, wie groß die "Gefahr" tatsächlich war. Was ich von ihm als Doctor und in anderen Filmen gesehen habe, hat mir gefallen. Als David Tennant die Rolle des Doctor angeboten bekam, hat er lange überlegt, ob er das Angebot annehmen sollte. Er war und ist ein großer "Doctor Who" Fan, aber was, wenn er nicht gut ankommt bei den Fans? Oder was, wenn er nur noch als "der Doctor" gesehen würde? Und doch ist es nur ein Job. Christopher Eccleston und David Tennant sind auch nicht der Doctor. Christopher Eccleston ist Christopher Eccleston und David Tennant ist David Tennant.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

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