Vor einiger Zeit schaute ich zum ersten
Mal "Ein verborgenes Leben" (A Hidden Life) von 2019. Er
war auf meiner imdb.com Liste von Filmen, die ich sehen wollte und
erzählt die Geschichte von dem Bauern Franz Jägerstätter aus dem
kleinen Dorf St. Radegund in Österreich, der sich im zweiten
Weltkrieg weigert für die Nazis zu kämpfen. Franz Jägerstätter
lebte wirklich. Das war einer der Gründe, warum ich mich entschloss,
diesen Film zu sehen. Normalerweise bin ich mittlerweile bei
„Nazi-Filmen“ oder Filmen, die in der Zeit spielen skeptisch
gegenüber eingestellt und vermeide sie. Es sei anzumerken, dass der
Film fast 3 Stunden lang ist. Einer der Gründe wiederum, warum ich
gezögert hatte, ihn anzuschauen.
Franz Jägerstätter wird, meiner
Meinung nach, überzeugend gespielt von August Diehl. Die Rolle
seiner Frau Fani Jägerstätter übernahm Valerie Pachner und war
meiner Ansicht nach ebenso gut besetzt. Von den anderen Schauspielern
kannte ich niemanden sonst, außer den Pfarrer Fürthauer, der von
Tobias Moretti gespielt wird. Jägerstätter wird zwar einmal
einberufen für die Nazis zu kämpfen, aber dann doch wieder
freigestellt und darf zurück nach Hause zu seiner Frau und den drei
Töchtern. Als er ein weiteres Mal einberufen wird, spricht er mit
Pfarrer Fürthauer, merkt aber schnell, dass von ihm keine
Unterstützung kommen würde, um den Kriegsdienst zu verweigern. Er
muss also in den Krieg ziehen. Als er sich weigert, einen Eid auf
Hitler zu schwören, wird er verhaftet. Fani und Pfarrer Fürthauer
sowie andere versuchen ihn zu überreden, dass er doch nur auf Hitler
schwören muss. Was er wirklich fühlt und denkt, wäre den Nazis
egal und sein Tod aufgrund der Kriegsdienstverweigerung ohne
wesentliche Konsequenzen und damit unnötig. Es wird ihm angeboten,
dass er zumindest Sanitätsdienst leisten könnte, statt als Soldat
zu kämpfen. All dies lehnt er ab. So wichtig ist ihm, ehrlich und
offen seine Ansichten zu verteidigen. Anfangs unterstützt, erleben
mehr und mehr auch seine Frau und selbst seine Kinder Ablehnung aus
dem Dorf und werden zu Außenseitern, die sich ohne Ehemann und Vater
durchschlagen und den Hof weiter versorgen müssen. Im August 1943
wird Franz Jägerstätter letztlich hingerichtet.
Der Film zeigt zunächst das ruhige und
friedliche Familienleben. Obwohl in der Zeit des Krieges spielend und
außerdem ein ungewöhnlich langer Film, sieht der Zuschauer zu
keinem Zeitpunkt, wie ein Schuss abgefeuert wird. Im Internet las ich
Kritiken über Fani, die ihren Mann deutlicher hätte überreden
sollen zu tun was nötig wäre, um weiter zu leben. Ich hatte im Film
durchaus das Gefühl, dass sie versuchte, ihn zu bewegen am Leben zu
bleiben. Seine Einstellung und diese auch offen nach außen hin zu
zeigen und zu verteidigen waren ihm wichtiger als sein eigenes Leben.
In meiner Schulzeit war unser
Religionslehrer begeistert von Dietrich Bonhoeffer, der ebenfalls den
Nazis Widerstand leistete und letztlich dafür mit seinem Leben
bezahlen musste. Dietrich Bonhoeffer war evangelischer Pfarrer, daher
verwundert es vermutlich nicht, dass mein Religionslehrer ihn mochte.
Ich fand es jedoch persönlich beeindruckender, wie der einfache
Bauer Jägerstätter seine Meinung fest vertrat und sich nicht einmal
zum Schein überreden ließ, Dinge zu tun, die er absolut nicht
machen wollte. Ich möchte Bonhoeffer nicht schlechtreden oder klein
machen. Ich glaube jedoch, dass für jemanden wie einen Pfarrer der
Glaube an Gott und damit entsprechend seinem Willen zu handeln,
letztlich eine relativ logische Entscheidung ist. Die Entscheidung
des Bauern Jägerstätter, seine Frau und drei kleinen Töchter für
seinen eigene Meinung aufzugeben, finde ich einen doch
beeindruckenderen Schritt.
Es ist für Außenstehende nach dieser
schrecklichen Zeit immer einfacher zu sagen „Ich hätte mich auch
geweigert“ oder „Ich wäre auch einer der Guten gewesen“. Es
ist einfach für uns gesagt, wo unser Leben hier und jetzt nicht
bedroht ist. Ich glaube, wer diese oder ähnliche Aussagen
leichtfertig macht, hat keine wirkliche Vorstellung von der
allgemeinen Stimmung der Bevölkerung und dem Druck, der in der Zeit
auf Personen lastete.
Der Film ist lang und lässt sich Zeit.
Dies erscheint mir jedoch passend für die Darstellung des Landlebens
im Gegensatz zum hektischeren Stadtleben und auch später der Zeit im
Gefängnis, wo letztlich nicht viel passiert. Obwohl ich mir der
ungewöhnlichen Länge des Filmes von Anfang an bewusst war, kam mir
beim Film schauen nie der Eindruck von Langeweile oder Langatmigkeit.
Irgendwo wäre mit Sicherheit ein fast dreistündiger Film zu kürzen
gewesen. Ich wüsste nicht, wo oder wie ich ihn gekürzt hätte. Vor
dem Film kannte ich Jägerstätter nicht. Nun war er auch
Österreicher und wir haben in der Schule Personen, insbesondere
Widerstandskämpfer, anderer Länder aus der Zeit nicht
kennengelernt. Den Trivia-Kommentaren von imdb.com zu dem Film,
schien Jägerstätter unabhängig davon außerhalb von St. Radegund
lange Zeit unbekannt und sein Schicksal zufällig wieder gefunden
worden zu sein. Erst als der Amerikaner Gordon Zahn in den 1970er
Jahren nach St. Radegund kam, wurde Jägerstätters Geschichte
bekannter. Mittlerweile gibt es mehrere Filme über ihn.